http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-01/0044
Sitzt ein Spatz auf hohem Aste
Dem des Sturmes Schneegetreib
Durch die aufgesträubten Federn.
Schauert um den bloßen Leib.
Ach aus seinen Augen sprechen
Hunger und Melancholie;
Um ein Krümchen harten Brotes
Und um Mitleid betteln sie.
Aus hält efs wohl nicht mehr lange
Dort in seiner Infi gen Höh;
Morgen liegt er wohl verhungert
Und ei froren auf dem Schnee.
Mitleid war ihm wohl zu gönnen.
Doch das ist Poetenart;
Statt im Lenz zu musizieren.
Hütt er lieber was erspart.
Im Januar 1885 erhielt das Amtsgericht Schopfheim die Benachrichtigung, dass
gegen den aus Minsein stammenden Berthold Georg Trüby durch das Amtsgericht
Bamberg I eine Haftstrafe von drei Tagen wegen Bettels verfügt worden sei.7 Wiederum
ein Hinweis auf die große Not, die bittere Armut, in welcher Berthold lebte.
Die Gefängniserfahrung verarbeitete er in Bamberg in einem Gedicht:
Der Gefangene
Noch immer nicht Morgen, nicht helle!
Es dämmert im Sternenlicht.
Den Hof die vergitterte Zelle
Erhellt auch ein Sternlein mir nicht.
Wie rinnen so träge die Stunden
Es stockt der Pulsschlag der Zeit.
Zu Jahren werden Sekunden
Eine Nacht wird zur Ewigkeit.
Mir schauert der Frost durch die Glieder
Aus brennenden Augen entfällt
Träne um Träne mir nieder
Was tu ich dem Schmerze Gewalt.
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