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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 1.2007
Seite: 65
(PDF, 28 MB)
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Sonn- und Feiertagsarbeit in den Fabriken nicht gerade besonders förderlich für
das Vereinsleben. Der ..Gesangverein Harmonie*' beispielsweise löste sich wegen
dieser Schwierigkeiten dann sogar wieder auf.13

Wenn nun also die Organisation der Bevölkerung in verschiedenen Vereinen
nicht unbedingt das Zusammenwachsen von Hauptort und Nebenort förderte, so
gab es doch auf anderen Gebieten schon sehr früh wechselseitige Beziehungen und
Verflechtungen zwischen dem bäuerlichen Dorf und der Arbeitersiedlung.

Da war zunächst einmal der Grund und Boden, auf welchem die Industriebetriebe
, die Wohnbaracken und später die Wohn- und Geschäftshäuser entstanden.
Bis zum Kraftwerksbau 1895 war dieses Gelände von den Bauern der umliegenden
Dörfer landwirtschaftlich genutzt worden. Nun konnte so mancher sein Stückchen
Land mit gutem Profit verkaufen. Da die Kraftübertragungswerke, um Preistreiberei
durch Bodenspekulation zu verhindern, schon sehr früh große Flächen zu noch
relativ niedrigen Preisen gekauft hatten, machten die meisten Bauern vielleicht
nicht gerade riesige Gewinne, aber zu verachten waren die Einnahmen aus Grundstücksverkäufen
auch nicht. Über die Karsauer Landwirte hieß es beispielsweise
1899: ..Auch wurden in letzter Zeit viele Bauplätze abgegeben an Private und zwar
mitunter zu ganz enormen Preisen, so daß das einst so öde "Rheinfeld', dem der
Landmann früher trotz der anstrengenden Arbeit vom frühen Morgen bis in die
späte Nacht hinein nur eine spärliche Ernte abzuringen vermochte, für manchen,
der gerade der glückliche Besitzer von Grundstücken in der Nähe der neuen Anlagen
ist. zu einer förmlichen Goldgrube wurde."14

Auch mit der Vermietung von freien Zimmern. Wohnungen, ja. sogar von Gartenhäuschen
konnten die Bauern sich ein paar Mark dazuverdienen. Und viele
nutzten die in unmittelbarer Nähe entstandenen Arbeitsplätze in der Industrie, um
ein sicheres, vom Wetter unabhängiges Einkommen zu erwirtschaften. Als so genannte
..Arbeiterbauern'* gingen sie in die Fabriken und betrieben ihre Landwirtschaft
nur noch nebenher. In den Industriebetrieben bildeten sie bald den festen
Kern der Belegschaft, denn sie waren an ihre Heimat gebunden und packten nicht
wie viele Zugezogene schon nach kurzer Zeit wieder ihre Koffer, um ihr Glück
woanders zu suchen.

Manchem Landwirt mag es schwer gefallen sein, die gewohnte Selbstständigkeit
aufzugeben, anstatt draußen seine Felder zu bestellen, die häufig monotone Arbeit
in den staubigen, lauten Fabrikhallen zu verrichten. In der Industrie war der Bauer
nicht mehr sein eigener Herr, der direkt von seiner Hände Arbeit und der Ernte
lebte, hier war er Teil einer großen Maschine, die Tag und Nacht, sonntags und feiertags
weiterlief, und an deren Rhythmus sich der einzelne anpassen musste.15

Die Bauern, die bisher einen der ..gesündesten Berufe" ausübten16, machten nun
- wie andere Fabrikarbeiter auch - Erfahrungen mit Berufskrankheiten. So traten
in der chemischen Fabrik Griesheim-Elektron zahlreiche Fälle von Chlorakne auf,
in der Natriumfabrik kam es immer wieder zu Brandverletzungen, vor allem im
Gesicht, und in den Aluminiumwerken beschwerte man sich über Bronchialka-
tarrhe. Hinzu kamen Lungenkrankheiten und Vergiftungserscheinungen.'7

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