http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-01/0133
„3tia Aprilis 1754 Domina Maria Magdalena RICHARD coniux D. Petri Augustini
FRESSON Geometrae ex Galys (Galiis = Gallien. Frankreich) in Servitys
(servitiis) D. Marchionis de Baden Durlach et tunc temporis in Lörach cuistentis.
Anno aetatis sua 36. postquam diu Hecticä laboravit et iterato confessa et com-
municata, et tandem extreme provisa fuit mundo valedixit et dein ex Lörach huc
deportata in Ecclesia nostra prope altarae S. Nicolai tanquam benefactrix, 5ta eus-
dem sepulta est. req. in s. pace." < Zitatende.
Maria Magdalena geb. Richard, die Frau unseres Geometers Peter August Fres-
son. war also ganz offensichtlich eine recht fromme Person mit besonderer Zuneigung
und Verehrung für den heiligen Nikolaus gewesen, vielleicht aufgrund
heimatlich bedingter Anhänglichkeit oder geographisch im Norden Frankreichs
fußender Tradition. Ihre wohltätige Stiftung für den Nikolaus-Altar in der Fridolinskirche
zu Stetten während ihres doch wahrscheinlich nur kurzen Aufenthalts
in Lörrach von höchstens vier Jahren muss immerhin so bedeutend gewesen sein,
dass man ihr im Innern der Kirche einen Begräbnisplatz nahe bei diesem Altar einräumte
, allerdings zu damaliger Zeit nicht gerade ungewöhnlich, denn es gab auch
andere Bestattungen innerhalb der alten Kirche.
Auf diese Weise erfahren wir jedoch erstmals von diesem Nebenpatrozinium des
hl. Nikolaus in der vorherigen Stettener Kirche, wo sonst von alters her der heilige
Fridolin verehrt wurde. Dorf und Kirche waren immer im Besitz des altehrwürdigen
Klosters und hochfürstlichen Damenstifts St. Fridolin zu Säckingen. Auch in
alten Kirchenrechnungen fanden sich unsichere Hinweise auf Instandsetzungsarbeiten
am Altar des St. Nikolai.
Beim Bau der jetzigen Kirche ist offensichtlich dieses Patrozinium aufgegeben
worden, und man hat auf einen Seitenaltar zu Ehren des St. Nikolaus ganz verzichtet
. Die alten Gräber in der Kirche wurden bei den Bauarbeiten 1821 beseitigt
, vielleicht einplaniert oder wohl aufgeschüttet, um am Hang mehr Raum für
den größeren Neubau von St. Fridolin zu bekommen. Auch die Ortschronik von
Stetten" erwähnt den Nikolaus-Altar mit keinem Wort.
Der hl. Nikolaus soll als Bischof von Myra (= Demre südwestlich von Antalya
) zwischen 330 und 350 n. Chr. gestorben sein. Ein angebliches Todesjahr 343
n. Chr.12 ist aber, wie sein ganzer Lebensbericht und wie die Geschichten seiner
Wunder, legendär. Die im Spätmittelalter sehr populäre ..Goldene Legende*'13 als
Quelle seiner Vita entstand zwischen 1263 und 1273. Als deren Verfasser gilt der
Dominikanermönch und Erzbischof von Genua, Jacobus de Voragine aus Varazze
(tl298). Durch ihre Heirat mit Kaiser Otto II. um 972 hatte schon die byzantinische
Prinzessin Theophanu den Kult des hl. Nikolaus von Byzanz'4 nach Europa
und nach Deutschland gebracht. 1087 erfolgte schließlich die Translation (Überführung
) seiner Reliquien nach Bari in Apulien.15 Die süditalienische Stadt war für
Einflüsse aus der Ostkirche und aus dem Orient offenbar noch immer empfänglich,
hatte sie doch früher auch eine byzantinische Vergangenheit, bevor der genannte
Kaiser Otto die ehemals byzantinischen Territorien in Süditalien dem Reich angegliedert
hatte.
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