Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 1.2007
Seite: 150
(PDF, 28 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-01/0152
Im 90er Krieg, als der Rhein auf jener Seite von französischen
Schildwachen, auf dieser Seife von schwäbischen Kreissoldaren besetzt
war. rief ein Franzos zum Zein'ertreib zu der deutschen Schildwache
herüber: ..Filu! Filit!" Das heißt auf gut deutsch: Spitzbube. Allein
der ehrliche Schwabe dachte an nichts so Arges, sondern meinte,
der Franzos finge: Wieviel Uhr? und gab gutmütig zur Antwort:
„Halber rieh."

In dieser Anekdote von 1808 hat der gutmütige gesunde Menschenverstand
des alemannischen Schwaben das letzte Wort. Aber das langsame Aussterben
eines sprachlich und kulturell reichen Gebietes zog schon herauf, ungeachtet der
Hoffnung auf eine Alemannische Renaissance, die von Hebel in seinen Alemannischen
Gedichten von 1803 ausgedrückt wird. Zur Zeit des Berner Kalenders von
Jeremias Gotthelf hat sich der Schwerpunkt auffällig verlagert, obgleich Gottfried
Keller in seinem Vorwort zur ersten Ausgabe von Die Leute von Seldwyla (1856)
noch behaupten konnte, dass seine ersonnene Stadt auf beiden Seiten des Rheins
zu finden wäre. Trotz allem, was seitdem geschehen ist. besteht vielleicht immer
noch ein Gefühl gemeinsamer Identität, wie die drei nationalen Regionen ihre alemannische
Weltverbundenheit, ihre Annehmlichkeiten und Vorräte teilen.

Der Schauplatz von Landstraßen. Kneipen und Jahrmärkten ist ein wesentlicher
Bestandteil im Erzählstoff des Rollwagenbüchleins, obgleich die Anzahl der Geschichten
, die auf solchen Schauplätzen angesiedelt sind, relativ klein ist (ungefähr
10 %). Überall jedoch ist der Kaufmann eine vertraute Erscheinung, symptomatisch
für die Blütezeit, die die alemannische Region während des späten
Mittelalters und dem 16. Jahrhundert genoss. Im Schatzkästlein dagegen ist der
..Kaufmann" oder ..Handelsherr*' eine weniger häufig vorkommende Zentralfigur,
die oft in einem weniger günstigen Licht dargestellt wird, wie z. B. die beiden
knauserigen Geschäftsleute, die die beiden Postillione in Die zwei Postillione (Z
132) verprügeln. Es mag auch eine bezeichnende Spiegelung des zeitgenössischen
Wirtschaftsklimas sein; denn wenn Hebel Kaufleute darstellt, geschieht dies oft in
einem fremden Kontext, wie im listigen Kaufherrn (Z 134), einer Geschichte, die
von ihrem Titel her klingt, als käme sie geradewegs aus dem Rollwagenbüchlein.
die aber in Wirklichkeit weit mehr an Fortunatus erinnert (Augsburg 1509). da es
hier um einen französischen Kaufmann geht, der von barbarischen Seeräubern gefangen
w ird. Kaufleute und Geschäftsreisende spielen in den Schatzkästlein-Erzäh-
lungen nur selten eine Rolle. Geschwinde Reise (Z 143) ist eine beachtenswerte
Ausnahme. Dasselbe trifft auch für Gotthelfs Geschichten im Berner Kalender und
für eine andere bedeutende Sammlung von Kalendergeschichten zu, der sowohl
Gotthelf als auch Hebel einiges zu verdanken haben, namentlich die Geschichten,
die um die Jahrhundertwende vom vernachlässigten Wahlschweizer Heimich
Zschokke für den Schweizerboten geschrieben wurden, ein Wochenmagazin, das
auch mit Heinrich Pestalozzi in Verbindung gebracht wird.7' Der Aufrichtiger und
wohlerfahrener Schweizerbote erschien in Luzern in der Zeit von 1798 - 1800.

150


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-01/0152