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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 1.2007
Seite: 157
(PDF, 28 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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wein von dem jar den nammen behielt „Herr gott behüt uns". Als nun der
lantzknecht aß und auch den sauren wein versucht, spricht er: „Botts tauben
ast, Herr wirdt, wie ist der wein so säur!" Antwortet der wir dt: „ Unsere
wein sind der art, daß sy erst im alter gut werden." Spricht der lantzknecht:
„Wirdt, ja wenn er so alt wurde, daß er auff knicken gierige, wurde nichts
guts darauß" (S. 23).

Dann Hebel, leicht gekürzt:

Man muß mit Wirten keinen Spaß treiben, sonst kommt man unversehens
an den Unrechten. Einer in Basel will ein Glas Bier trinken, das Bier war
sauer, zog ihm den Mund zusammen, dass ihm die Ohren bis auf die Backen
hen orkamen. Um es auf eine witzige Art an den Tag zu legen und den Wirt
vor den Gästen lächerlich zu machen, sagte er nicht: „Das Bier ist sauer",
sondern ..Frau Wirtin", sagte er. „könnt ich nicht ein wenig Salat und Ol zu
meinem Bier haben?" Die Wirtin sagte: „In Basel kann man für Geld alles
haben." strickte aber noch ein wenig fort. (...) Unterdessen kam die Wirtin
wieder mit einem Teller voll zarter Kukümerlein aus dem markgräfischen
Garten, aus dem Treibhaus, fein geschnitten, wie Postpapier, und mit dem
kostbarsten genuesischen Baumöl angemacht. und sagte zu dem Gast mit
spöttischem Lächeln: „Ist's gefällig?" Also lachten die anderen nicht mehr
den Wirt aus, sondern den Gast. (S. 310)

Die beschreibende Ausschmückung bei Hebel sticht ins Auge und beweist, dass
dies ein Text aus einer anderen späteren Periode ist: die zu Grunde liegende Ähnlichkeit
der Erzähl struktur, Situation und satirische Stimmung schlägt aber umso
mehr durch.

Bleibt ein letzter Aspekt: die Darstellung der Juden in der volkstümlichen alemannischen
Erzähltradition. Die Juden, jene ethnische Gruppe am Rande der deutschen
Gesellschaft, gleichzeitig ausgegrenzt und doch für ihr soziales Gefüge wesentlich
, kommen öfter in der deutschen anekdotischen Literatur vom Mittelalter
bis ins Dritte Reich vor. Im Rheinischen Hausfreund und im Schatzkästlein bilden
die Erzählungen, die Juden betreffen, eine unauffällige Gruppierung von etwa acht
zufällig vorkommenden Geschichten von Schlechter Gewinn (Z 36) zum Gläsernen
Juden (Z 205) und Gleiches mit Gleichem (Z 237) und vielleicht sogar zum
Talhauser Galgen (Z 241). Im Rollwagenbüchlein werden nur in zwei Geschichten
Juden aufs Korn genommen, wenn auch eine dritte mit ungewöhnlicher und ironischer
Einfachheit die nackte Wahrheit sagt, indem es einem schlichten Bauern in
den Mund gelegt wird:

Ein einfältiger baur käme in ein kirchen, und alß er das bild Christi darinn
geschnitzlet fände, mit vil blutstropffen übermalt, alß ob er gegeiselt wäre,
unnd er ein groß mitleiden mit unserm herrgott hette. bettet er ein vatterun-

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