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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 17
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gend einer Form angegriffen oder bedroht fühlen, und oft genug fühlen sie sich
permanent bedroht. Psychologen sprechen in solchen Fällen heute dann von einer
Kriegsneurose, die ein kriminelles Verhalten hervorruft, oder auch von einer Trübung
der Wahrnehmung, die im Englischen mit dem schönen Ausdruck ..fog of
war" bezeichnet wird, ein ..Trancezustand zwischen panischer Angst und blindwütiger
Angriffslust"18.

Ähnlich sah es im Dreißigjährigen Krieg aus. nur dass eben auch die Zivilisten
des eigenen Landes stets als potentielle Feinde betrachtet wurden. Ein Beispiel aus
Frankreich mag dies illustrieren. 1639 sollten königliche Trupppen in der Nähe
von Chälons in einem Dorf einquartiert werden. Die Bauern beriefen sich auf ein
Privileg, das sie von solchen Einquartierungen freistellte, und wehrten sich mit
Waffengewalt. Der kommandierende Offizier wurde selbst durch einen Schuss verwundet
und befahl daraufhin, das Dorf zu plündern und niederzubrennen. Die
Bauern ließ er gefangen nehmen, mit dem Befehl, sie nur gegen Zahlung von Lösungsgeld
wieder frei zu lassen14. Sehr viel anders als bei den Ausschreitungen in
Feindesland ging es hier also auch nicht zu. Bezeichnend für den Vorfall war auch,
dass Offiziere dahin tendierten, sich vor ihre marodierenden Soldaten zu stellen.
Taten sie dies nicht, so riskierten sie die Loyalität ihrer Truppen zu verlieren.

Gegensätze zwischen Zivilisten und Soldaten konnten sich noch verschärfen,
wenn die Soldaten Fremde waren, nicht nur in dem Sinne, dass sie aus einer anderen
Region stammten, sondern weil sie durch eine andere Kultur geprägt waren,
vielleicht auch, weil sie die Sprache der Bevölkerung, bei der sie einquartiert waren
, gar nicht verstanden. Faktisch bestanden gerade die Elitetruppen der kriegsführenden
Parteien im Dreißigjährigen Krieg nicht selten aus ausländischen Söldnern
. Schweden griff zum Beispiel auf schottische Soldaten zurück. Spanien auf
Italiener und Iren, die sogenannten Wildgänse, der Kaiser auf polnisch-ukrainische
Kosaken und auf Kroaten. Frankreich wie viele andere auf Schweizer, abgesehen
davon, dass die kampfkräftigsten Regimenter der französischen Armee ohnehin
vor 1648 aus Deutschen bestanden, die in Frankreich selbst natürlich auch Fremde
waren. Gerade solche Einheiten besaßen ein besonders starkes Gefühl der ethnisch
fundierten Zusammengehörigkeit, waren damit aber auch schwer zu disziplinieren.
Die verbreitete Furcht der Zivilbevölkerung vor Einheiten, die im Ausland rekrutiert
worden waren, war auch durch diesen Faktor mitbedingt.

Schwieriger ist es, die Bedeutung des konfessionellen Faktors bei Ausschreitungen
von Soldaten einzuschätzen. Im Dreißigjährigen Krieg waren viele Armeen
, namentlich diejenigen, die für den Kaiser und die Katholische Liga
kämpften, gemischtkonfessionell zusammengesetzt, was in erheblichem Umfang
sogar für das Offizierskorps galt. Umgekehrt kämpften auch auf protestantischer
Seite Katholiken, wenn auch vielleicht in etwas geringerer Zahl20. Dass solche Soldaten
den Kampf als „Heiligen Krieg" sahen, ist eher unwahrscheinlich21. Es gab
natürlich auch Ausnahmen, und Einheiten, die überwiegend in Gebieten rekrutiert
worden waren, in denen der Hass auf den konfessionellen Gegner besonders stark
war. mögen durchaus durch solche Motive beeinflusst gewesen sein. Das galt etwa

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