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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 22
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nördlichen Niederlande zum Experimentierfeld einer militärischen Reform oder,
wenn man so will, einer Revolution der Oranischen Heeresreform, die sich be-
wusst am Vorbild der römischen Legionen orientierte. Sie versuchte, durch Drill
und Disziplin einen neuen Typus des Soldaten zu schaffen, der nicht mehr bei jeder
Gelegenheit über die zivile Gesellschaft, die ihn ernährte, herfiel, sondern in
Frieden mit ihr lebte, mochte er auch auf dem Schlachtfeld den Feind bekämpfen.
In den südlichen, d. h. den spanischen Niederlanden, übernahmen überdies zunehmend
Offiziere das Kommando, die nicht mehr dem Typus des Söldnerführers und
Condottiere oder des Berufsoffiziers, der durch den Krieg sozial aufzusteigen
suchte, entsprachen, sondern eher Repräsentanten der etablierten Adelselite Kastiliens
und seiner Nebenländer waren. Umgekehrt kämpften auch auf niederländischer
Seite protestantische Adlige aus Deutschland oder England und nicht mehr
die Führer von Partisanengruppen, die alle Brücken zum normalen zivilen Leben
hinter sich abgebrochen hatten31. Für diese Männer bot der Krieg vor allem auch
eine Gelegenheit, ihre ritterlichen Tugenden zur Schau zu stellen; persönlicher
Mut gehörte dazu, aber auch Großmut gegenüber dem Gegner, zumindest dem
standesgleichen Gegner, wie ihn Spinola bei der berühmten Einnahme von Breda
1625 zeigte, aber auch Treue zum einmal gegebenen Wort, auch wenn dies dem
militärischen Erfolg nicht zuträglich war. Der Krieg wurde in den Niederlanden einerseits
nach 1590 fast zu einem Dauerzustand, aber es war ein Krieg, an dem der
Adel ganz Europas teilnahm, und sei es in der Funktion des Schlachtenbummlers.
Der Krieg war ein soziales Ereignis, das es entsprechend zu zelebrieren galt, und
das war mit blutrünstigen Massakern an Zivilisten kaum vereinbar.

An anderen Kriegsschauplätzen war man vor 1648 von dieser Zähmung des
Krieges allerdings weit entfernt. Wenn nach 1650/60 ein gewisser Wandel eintrat,
dann durch die zunehmende Kontrolle von Zivilbeamten über die Versorgung und
die Besoldung der Truppen. Solche Zivilbeamte hatte es schon in der Armee der
Liga im Dreißigjährigen Krieg gegeben, und ihr Einsatz durch den bayerischen
Kurfürsten Maximilian war keineswegs ganz fruchtlos, zumal der Feldherr, den er
beschäftigte. Graf Tilly. eher ein Beauftragter seines Herrn als ein Kriegsunternehmer
alten Stils war32. Frankreich war jedoch das Land, das bei der Durchsetzung
der zivilen Kontrolle über das Finanz-. Versorgungs- und Einquartierungswesen
des Heeres nach 1660 für das restliche Europa die Maßstäbe setzte. Hier hatte man
ohnehin lange gezögert, sich auf das Instrument des Militärunternehmertums zu
verlassen. Die französischen Religionskriege zwischen 1562 und 1598 hatten gezeigt
, was passieren konnte, wenn der König die Kontrolle über die eigene Armee
verlor und deren Einheiten stattdessen von ihren adligen Kommandeuren für ihre
eigenen Zwecke eingesetzt waren33. Dementsprechend war auch vor 1660 kein
französischer Oberst wirklich vollständiger Eigentümer seines Regimentes - allenfalls
im Ausland, in Deutschland oder der Schweiz rekrutierte Regimenter machen
hier eine Ausnahme. Dennoch blieben faktisch auch französische Offiziere an Gewinn
und Verlust des Krieges beteiligt und handelten entsprechend. Nur schrittweise
wurden nach 1660 ihre Kompetenzen eingeschränkt; eigene Kriegskommis-

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