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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 41
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0043
Die Teuerungswelle von 1690 bis 16995'

Die Teuerungswelle der 90er Jahre des 17. Jahrhunderts kündigte sich 1690 an.
Das Jahr war gar rill naß gesin-[. Der Winter war zu mild, der Frühling nass. Im
Januar und im Juli führten die Flüsse Hochwasser. Am 12. Juni fiel ein schuech-
tieffer sehne in Gebweiler, ab welchem iedermann hefftig verschrockheif1: ein Hagel
am 29. September zerschlug um Thann die Trauben, das man alle Beeren des
folgenden Tags auf dem Boden auflieben mäste53. Die feuchte Witterung begünstigte
Pflanzenkrankheiten (bei Menschen Gedenken hat der Brauner nie so großen
Schaden getha/f4). Die Ernte war überwiegend schlecht"".

Der Winter 1690/91 war lang und hart: erst im März brach das Eis auf Flüssen
und Seen. Die Monate April und Mai waren bei weitem zu kalt56. Der erneut sehr
kalte Winter 1691/92 sowie der frostige und nasse Frühling ruinierten die Früchte
und die Reben. Viele Felder mussten mit Gerste neu angesät werden, da die Winterfrucht
erfroren war. Der Wein war wenig und halber faul, da kann einer ge-
denckhen. was für ein kostbahr gutes Getränckh es habe abgeben. Und weiter
heißt es: Es ward aber darauf ein so klemme theure Zeit und Hungersnoth. daß [...]
groser Jammer wider dem armen Volck entstuhnde, weilen es das Vermögen nit
hatte, die Frucht in diesem hohen Preyß zu bezahlen; vi! Menschen ernehrten sich
mit süssem Gras, absonderlich in den Thälern. andere mit Gritsch [Kleie] und
Kleyen-Brod. andere sonst mit unerhörten Speissen. und ein groser Theil zohe in
dem Land circkelweis herumb mit dem Bettelstab und wie nur ein jeder sein Gelegenheit
anstellen möchte, müste man geschehen lassen: mithin laufften etliche in
den Krieg disem Elend zu entgehn. da wurden ihre Weiber zu Wittwen, die Kinder
aber zu Bettler und Weislin37.

Besonders hart war die Teuerung in der Eidgenossenschaft, da das Reich 1689
Kornausfuhren in die Schweiz untersagt hatte: diese Maßnahme war die Antwort
des Reichs auf die Weigerung der Eidgenossen, ihre Söldner im Pfälzer Erbfolgekrieg
(1688-97) aus dem französischen Heer zurückzurufen5*. [...] daraus sind
viele Leüth an Enden und Orten Hunger gestorben; man hat ville Leuth gefunden,
die noch also todt Graß oder anderes Unnatürliches in dem Maul gehabt haben-9.
Am 24. Juni 1692 war an der Türe des Zürcher Kornhauses zu lesen: Man liest an
diesen Wänden, geschrieben von vielen Händen, I Wie oft durch Gottes Segen, es
so viel mütt Immi gegeben. I Aber abgeschriebenen Tag fürwahr, war gar kain
Markt alldar, I In allen Kasten und Standen, war kein Immi [Getreidemaß] vorhanden
, I Gott gebe bessere Zeit und Segen, darnach uns allen das ewig Leben00.

1693 war die Laae nach einem kühl-feuchten Frühlina und Sommer nicht anders.
Dahero ist die Frucht und Wein noch allezeit theur geblieben, und war ein erbärmlich
klemme Zeit und grose Hungersnoth bey den gemeinen Leuthen61. Ihren Höhepunkt
erreichte die Not zu Beginn des Jahres 1694. Erst die Ernte dieses Jahres
brachte einen teilweisen Rückgang der Teuerung. Von Abschlag des Korns berichten
die eidgenössischen Chronisten62. Anders war die Lage in Teilen des Elsass: in welchen
Orthen man gute Hoffnung zu reichlicher Ernd hatte, ist daselbst von dem

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