Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 45
(PDF, 50 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0047
Die verfügbaren Quellen sind überwiegend städtischer Herkunft. Sie schildern in
erster Linie die dortigen Geschehnisse. Die Lage der Landbevölkerung tritt dagegen
nur marginal in den Blick90.

Ich habe drei Notzeiten ausführlicher dargestellt. In allen Fällen ging es um
mehrjährige und überregionale Krisen. Ob es sich bei ihnen „nur" um eine schwere
Teuerung oder „schon" um eine Hungersnot handelte, ist nicht leicht zu sagen.
Das Urteil der Zeitgenossen und die Einschätzung durch den rückschauenden, vergleichenden
Historiker sind bei einer Klassifikation zu berücksichtigen. Ebenso ist
die genaue zeitliche Abgrenzung einer Krise ein Akt des ordnenden Zugriffs, der
als solcher nicht einer gewissen Willkür entbehrt91.

Breiten Raum nehmen in allen Quellen die Hilfsmaßnahmen der Obrigkeiten
ein. Sie umfassten ein feststehendes Repertoire an Eingriffen in den Markt und direkter
Unterstützung der Notleidenden:

-Aus städtischen Vorräten wurde verbilligtes Korn abgegeben, auch Mehl und
Brot ausgeteilt (die direkte Hilfe für die Armen sollte zugleich den Effekt haben,
den Preisanstieg auf dem Markt zu dämpfen);

- Bäcker und Müller wurden strenger als sonst überwacht;

-der Fürkauf (der Vor- / Aufkauf von Korn in spekulativer Absicht) wurde untersagt
;

- die Einkaufsmengen pro Person wurden limitiert:

-Höchstpreise für Lebensmittel wurden festgesetzt (allerdings konnte diese Maßnahme
auch darin münden, dass vorhandene Nahrungsmittel nicht mehr auf den
Markt gebracht wurden):

- an adlige und geistliche Grundherren erging die Bitte, sich nachbarlich zu verhalten
:

- wenn möglich, wurde Korn aus entfernteren Regionen angekauft.

Um die angespannte Situation nicht weiter aufzuheizen, wurden Feste und Festessen
untersagt und die Menschen zu christlichem Lebenswandel aufgerufen. Gemeinsame
Bittgottesdienste und Bekundungen der Solidarität sollten das Band
zwischen der vermögenden Oberschicht, auch Obrigkeit, und den notleidenden
Untertanen fester knüpfen, um möglichem Aufruhr zuvorzukommen. Ortsfremdem
Betteh oik wurde der Aufenthalt im jeweiligen Hoheitsgebiet begrenzt oder gänzlich
untersagt. Welchen Erfolg die getroffenen Hilfsmaßnahmen hatten, ist nur
schwer zu beurteilen. Die Chronisten jedenfalls zollen den Obrigkeiten ihr Lob.

Ein Gradmesser für die Schwere der Not sind am ehesten die Preise92 (siehe Tabelle
auf S. 46). Deutlich wird das Ausmaß der Not von 1570 bis 1574; die Preise
der Brotfrüchte stiegen auf das Doppelte bis Dreifache. Derart schwere Krisen
blieben im 18. Jahrhundert aus; offensichtlich hatten die agrarischen Innovationen
und andere Maßnahmen die Versorgungslage stabilisiert (wenn auch auf einem
niedrigen Niveau) und damit weniger anfällig gemacht93.

Die Hauptursache für die geschilderten Ernährungskrisen (Teuerungen und /
oder Hungersnöte) waren Ernteausfälle infolge schlechter Witterung. Ein ungewöhnlich
kalter Winter (mit sehr viel oder zu wenig Schnee), ein spätes und / oder

45


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0047