Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 50
(PDF, 50 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0052
salsschläge - gleichwohl in längerfristige und übergreifende Zusammenhänge einbezogen
waren108.

Die bislang überzeugendste Erklärung der ökonomisch-sozialen Lebensumstände
breiter Bevölkerungsschichten in Spätmittelalter und Frühneuzeit hat - allen
möglichen Ergänzungen im Detail zum Trotz - Wilhelm Abel in enger Verbindung
von Theorie und Empirie geliefert'04. Im Zentrum seiner Analyse und Deutung
steht das Verhältnis von Nachfrage und Angebot von beziehungsweise an Nahrungsmitteln
. Wichtigster Indikator für die Ernährungslage und damit für die materiellen
Lebensumstände der Menschen war für Abel der Preis vor allem für das
Grundnahrungsmittel Getreide (Weizen oder Roggen) in Relation zu gezahlten
Löhnen für Arbeitsleistungen.

Erkennbar sind, von Schwankungen sei zunächst abgesehen, zwei gegenläufige
Epochen. Seit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts verharrten die Preise für Lebensmittel
auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Da gleichzeitig die Löhne stiegen
, erhöhte sich der Lebensstandard vor allem der unteren und mittleren Bevölkerungsschichten
. Dieser Zustand kehrte sich im 16. Jahrhundert nachhaltig um.

- Die Preise insgesamt, „gewogen nach dem Haushaltsbedarf mittlerer und unterer
Einkommen"110, stiegen stärker als die Löhne; die Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten
schwand.

- Da die Sicherung der Ernährung primäres Gebot war. musste das Einkommen
vermehrt zum Kauf von Lebensmitteln genutzt werden: die Nachfrage nach gewerblichen
Gütern sank - mit dem Ergebnis, dass die Preise für Nahrungsmittel
stärker stiegen als die für handwerkliche Produkte.

- Gleichzeitig war die Masse der Menschen gezwungen, verstärkt auf billigere Lebensmittel
umzusteigen; das Brotgetreide drängte die tierischen Erzeugnisse, vor
allem Fleisch, in der Ernährung zurück. Denn obwohl das Brotgetreide stärker
als alle anderen Nahrungsmittel im Preis stiee. war es nach seinem Nährwert im-
mer noch am billigsten: „Für den Lohn eines Arbeitstages im Sommer konnte
ein Augsburger Maurergeselle im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts kaufen:
Beim Erwerb von Roggen 22.500 Kalorien, [...] bei Fleisch 5.000"111. Für die Ernährung
einer fünfköpfigen Familie sind 11.200 Kalorien je Tag anzusetzen.
Um 1400 deckte eine Bauhandwerkerfamilieli: nach einer Modellrechnung von

Wilhelm Abel 61 % des benötigten Kalorienbedarfs aus pflanzlicher Kost, ganz
überwiegend mit Brot. Grützen und Mehlsuppen113. Da der Geldanteil dafür im Ernährung
sbudget nur 22 % ausmachte, konnte sie es sich leisten, weitere 30 % der
benötigten Kalorien aus dem Verzehr von Fleisch und anderen tierischen Produkten
zu gewinnen; der dafür benötigte Geldanteil schlug mit 57 % zu Buche114.
Unterstellt wurde von Abel ein jährlicher Fleischverbrauch pro Person von 65 kg.
Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass der Fleischverzehr der angesprochenen
Personengruppe für das 15. Jahrhundert - trotz guter Lebensbedingungen
- zu hoch veranschlagt ist. Er dürfte unter 50 kg gelegen haben"5: entsprechend
höher ist der Verzehr von pflanzlicher Kost anzusetzen116. Vom 16. bis zum
18. Jahrhundert verschoben sich die Relationen im Verzehr von Getreide- und

50


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0052