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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 52
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nicht erbenden Geschwister mussten ihr Leben auf dem ehemals elterlichen Hof
als Knechte oder Mägde führen oder weichen und ihr bescheidenes Auskommen
anderweitig suchen. Im Gebiet des Realteilungsrechts wurde das Erbe, von Einschränkungen
abgesehen, unter alle erbberechtigten Kinder aufgeteilt; mit der Folge
, dass die Zahl der Klein- und Kleinstbetriebe wuchs, die ihre Besitzer kaum
mehr ernähren konnten und (wenn überhaupt) nur eine bescheidene Marktquote
erwirtschafteten123. Schon um 1750 beschrieb ein markgräflich-badischer Beamter
die soziale Lage im Markgräflerland so: Die Einwohner vermehren sich täglich.
Die Güther werden xerstueckert, folg. die Nahrung schwecher [...] Aus reichen
Bauern werden mittelmäßige Burger. Diese verwandeln sich in Taglöhner. Und wer
gibt hernach der letzten Gattung zu schaffen124? Eine vergleichbare Entwicklung
gab es in den Städten. Da das Handwerk eine Abschottungspolitik betrieb, nahm
die Zahl der Gesellen. Taglöhner. Gelegenheitsarbeiter und protoindustriellen
Heimarbeiter zu125.

Die skizzierte Entwicklung der materiellen Lebensbedingungen breiter Bevölkerungsschichten
seit dem 16. Jahrhundert war allerdings nicht nur eine Folge der demographischen
Entwicklung, sondern zugleich der Tatsache, dass die Produktion
von Nahrungsmitteln mit der Bevölkerungszunahme nicht oder kaum Schritt halten
konnte, dass - anders ausgedrückt - das Angebot an Lebensmitteln hinter der Nachfrage
zurückblieb. Zwar gab es im 16. Jahrhundert eine Ausweitung der Ackerflächen
sowie eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Tätigkeit, doch konnte unter
den gegebenen rechtlichen, betrieblichen und agrartechnischen Zwängen die Nahrungsmittelproduktion
nur mühsam gesteigert werden126. Die wichtigste Anpassung
an die gewandelten Verhältnisse war die Ausweitung des Getreideanbaus auf Kosten
der Viehhaltung. Denn ein „Getreidefeld von mäßiger Fruchtbarkeit bringt eine viel
größere Menge von Nahrung für den Menschen hervor als der beste Weideplatz von
gleicher Ausdehnung. Erfordert seine Bestellung auch weit mehr Arbeit, so ist der
Überschuss, der nach Wiedereinsatz der Saat und der Erhaltung jener Arbeit übrigbleibt
, gleichfalls weit größer"127. Wesentliche Verbesserungen, die den Emährungs-
engpass zumindest entschärften, brachte erst das 18. Jahrhundert12*. Die Brache wurde
de facto abgeschafft: vermehrt wurden Kartoffeln angepflanzt, aus dem Anbau
von Gewerbe- und Handelspflanzen konnte zusätzliches Einkommen erwirtschaftet
werden. Der vermehrte Anbau von Futterpflanzen (vor allem Klee) und die Verbesserung
der Wiesenkultur erbrachten mehr Viehfutter, so dass das Vieh besser ernährt
und vor allem länger im Stall gehalten werden konnte. Dadurch wiederum erhöhte
sich die verfügbare Menge an Dung, und die Äcker konnten besser gedüngt werden.
Erwähnenswert ist die Ertragssteigerung beim Getreide. Von jedem gesäten Korn
wurden am Ende des 18. Jahrhunderts bis zu neun oder zehn Körner geerntet - gegenüber
fünf oder sechs noch im 16. Jahrhundert.

Die Produktion agrarischer Güter ist immer abhängig vom Wetter. Diese Feststellung
gilt in besonderem Maße für eine weniger entwickelte Landwirtschaft, in der
die herrschenden natürlichen Bedingungen weitgehend ungebremst durch Pufferungsmechanismen
auf Pflanzenwuchs und Tierhaltung durchschlagen.

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