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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 122
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täglichen Leben der Bevölkerung anders zu. einer Bevölkerung, die sich in Prozessen
wegen des Durchzugs von Vieh, wegen Rinderdiebstahl etc. verlor. In den
zahlreichen proces verbaux de delimitation et plans du cours du Rhin (Protokollen
zu den Grenzverhandlungen und Karten zum Lauf des Rheins), wie sie durch die
aufeinander folgenden Rheingrenzcommissionen festgesetzt wurden, findet man
bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die Erfordernis angesprochen. ..die Trennlinie
zwischen den Hoheitsgebieten und ferner die Grenzen der Gemarkungen und Besitzungen
der Gemeinden festzulegen"57.

Der als Grenze definierte Rhein besaß damals ein hohes strategisches Gewicht -
die Zunahme befestigter Punkte war eine Folge davon. Der Feind durfte sich dort
nicht frei bewegen, und vor allem durfte er keine Möglichkeit haben, den Lauf des
Rheins im Detail kennen zu lernen. Die verschiedenen Intendanten erneuerten
demnach immer wieder (was die relative Unwirksamkeit beweist) die Anordnungen
, welche fremden Schiffsleuten den Schiffsverkehr untersagten: „Ziel ist es,
dass der Rhein in Lauf, Stärke und Schwäche entlang der Provinz Elsass nicht jedermann
bekannt sei. [...] Man kann in dieser Hinsicht nicht umsichtig genug handeln
"58. Die politische Organisation der Gesellschaft längs des Rheins strebte danach
, die Beziehungen zwischen den Gemeinden einzuschränken, die. vor der Zeit
der Verträge, von einem Ufer zum anderen wechselten und einer Gesellschaft angehörten
, welche die gleichen Interessen hatte und dieselbe Sprache sprach.

Der Rhein war, wie wir gesehen haben, auf gefährliche Weise von Nutzen. Im
17. und 18. Jahrhundert musste er Nutzen bringen, ohne gefährlich zu sein. Es
ging darum, seine Ressourcen zu nutzen, indem man sich im vornherein vor seiner
zerstörerischen Gewalt schützte. Doch wie ihn meistern, wie ihn eingrenzen?
Diese Fragen mussten um so brennender werden, als der um 1750 einsetzende demographische
Aufschwung, wie man ihn für das Elsass und auch die Bevölkerung
der anderen Rheinseite beobachten kann, zu Rodungen und zur Anlage von zusätzlichem
Kulturland führte59. Die feuchten Areale ließen sich durch Drainagemaß-
nahmen verbessern - wie in der Wantzenau bei Straßburg 1733 in Angriff genommen
-. oder wie jene Gräben bezeugen, die die Rappoltsteiner im Jahr 1744 öffnen
ließen, „um das Wasser, welches den unteren Teil des Dorfes [Nambsheim] überflutete
, abfließen zu lassen"60. Die Bewässerungssysteme entsprachen den Bedürfnissen
des ausgedehnten Gemüseanbaus, der viel Wasser benötigte. Die Toponyme
mit Garten finden sich oft nicht weit von den städtischen Verbrauchszentren: Villa-
ge-Neuf war berühmt wegen seines Gemüseanbaus in der Auezone. Die gebändigte
Kraft des Rheins musste gleichermaßen zahlreiche Mühlen antreiben.

Die .Besänftigung" des Rheins hing von der politischen Macht und von der technischen
Entwicklung ab. Der Wille, gegen die Überschwemmungen des Rheins
Abhilfe zu schaffen, konnte erst Wirkung zeitigen, wenn er von einer starken politischen
Macht ausging. Im 18. Jahrhundert wurde eine solche weiträumige politische
Perspektive entlang des linken Ufers möglich, als sich das Verwaltungssystem
der Intendanten, die mit der zentralistischen Amtsgewalt des französischen
Königs ausgestattet waren, dort etablierte. Sie allein vermochten die Gemeinden in

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