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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 142
(PDF, 50 MB)
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Dennoch haben wir ihn für das Folgende beizubehalten, weil die Forschungsliteratur
sich seiner bedient. Allerdings haben wir uns das von Guereau erörterte Dilemma
methodisch bewusst zu halten: Krise kann sich auf Erosionserscheinungen
in der langen Dauer beziehen, aber auch kurzfristige Problemlagen bezeichnen,
wie etwa eine Fehlernte und Hungersnot, ein Erdbeben oder ein Extremwinter. So
kann eine Katastrophe als unerwarteter, zufälliger Einbruch in den gewohnten Lebensgang
die Veränderung von Handlungsroutinen auslösen. Damit entsteht durch
konkretes Handeln der Menschen eine Umbruchsituation, was zum Wandel von
..Sachbeständen von Dauer" beiträgt. Strukturen, die übrigens Braudel grundsätzlich
als handlungsresistent sieht20, werden womöglich geändert, weil sich unerwartet
der handlungsbestimmende Rahmen geändert hat. Als ein Element der Diskontinuität
bietet das Ereignis den Historikern die Chance, auf die Handlungsebene
der Akteure zu blicken. Weil Krisenphänomene offensichtlich im Schnittpunkt von
Struktur und Ereignis an die Oberfläche treten, haben Krisenkonzepte den gesellschaftlichen
und umweltgeschichtlichen Strukturen einerseits und den Folgen von
Ereignissen andererseits Rechnung zu tragen21.

Handlungs- und Erfahrungsräume

Wählen wir eine akteurs-zentrierte Betrachtungsweise, so lautet die Fragestellung,
welche Bewältigungsstrategien und Handlungsmöglichkeiten den Bauern vor dem
Hintergrund ihres eigenen Erfahrungsraums22 zu Gebote standen. Bestenfalls werden
dann .Variationsspielräume* oder, wie es Luhmann formuliert. .Possibilitätenräume"
erkennbar23. Ich schlage vor. diese Räume pragmatisch aufzufassen: Erstens als politisch
-rechtlich definierte Handlungszusammenhänge, das sind der grundherrschaftliche
Hofverband, die Gemeinde, der Herrschaftsverband oder das Territorium. Ein
Raum anderer Natur ist zweitens die unmittelbare Umwelt, in der die bäuerlichen
Familien leben, einschließlich der naturräumlichen Voraussetzungen wie etwa der
Bodenqualität24. Für Leben und Wirtschaften in den Betriebseinheiten auf dem Land
stellt drittens die Basis-Institution der Rentengrundherrschaft die wesentlichen sozio-
ökonomischen Rahmenbedingungen her25. Diese bestimmen den Grad bäuerlicher
Abhängigkeit, den Umfang der feudalen Abschöpfung und damit auch den Spielraum
der Familien. Herrschaft über Bauern üben außer den Grundherrn die Inhaber
vogteilicher Rechte aus (niedere und hohe Gerichtsbarkeit) und die Träger landgräflicher
Hoheitsrechte, welche die Blutgerichtsbarkeit ausüben. Schließlich existieren
leibherrliche Bindungen, so dass sich die Herrschaftsgewalt über Bauern gleichsam
diversifiziert26. Im Dorf ist die Kirche nicht nur als Heilsverkünderin und Mittlerin
zwischen Gott und den Menschen präsent, sie hat ihnen gegenüber auch wirtschaftliche
Ansprüche, die sich im gemeindlichen Beitrag an den Kirchenunterhalt, dem
Unterhalt des Pfarrers, in der Erhebung des Zehnten und mannigfachen Rentenansprüchen
(u. a. aufgrund von Stiftungen) geltend machen. Im folgenden Artikel muss
das Thema Gemeinde und Religiosität ausgespart bleiben2".

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