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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 144
(PDF, 50 MB)
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tische und wirtschaftliche Macht mit anderen Herrschaftsträgern - aber auch in der
Auseinandersetzung mit den Bauern der Grundherrschaft - ihre herrschaftlichen
Funktionen einzubüßen36".

Wie eine kirchliche Grundherrschaft den Schwierigkeiten begegnete, hat seinerzeit
Hans-Jörg Gilomen in seiner grundlegenden Studie über die Wirtschaftstätigkeit
des Basler Klosters St. Alban aufgezeigt. Schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts
geriet das Cluniazenser-Priorat in Schulden und seit 1356 kamen erneut finanzielle
Schwierigkeiten hinzu. Indessen führten die Entwicklung der hofrecht-

C? er

liehen Struktur selbst wie andererseits auch die sich bildende Landesherrschaft
und die Entstehung der Dorfgemeinde37 insgesamt zur Aushöhlung der grundherrschaftlichen
Rechtsform. Doch sei. wie Gilomen betont, daneben „die kreative
Kraft der Grundherrn" nicht zu unterschätzen38.

Zu Zeiten der hofrechtlichen Verfassung war das Dinggericht der Ort, wo der
Grundherr und die Bauern ihre Streitigkeiten miteinander aushandelten: es fand in
jenen zentralen Hofverbänden, den Meierhöfen statt, die nach der Aufgabe der Eigenwirtschaft
im Spätmittelalter weiterhin als Hebestellen funktionierten. So behielten
die alten Hofverbände mit dem Dinggericht neben der sich formierenden
Dorfgemeinde ihre wichtige Funktion bei. Unter Umständen, wenn eine Vereinheitlichung
der Herrschaftsrechte stattgefunden hatte, ging das Dinggericht im
Dorfgericht auf. Die Huber waren verpflichtet, das Wochengericht und Jahrgericht
zu besetzen. Sofern sie dieser Pflicht nachkamen, erlaubte ihnen ihre Kenntnis der
Rechtspraxis, ihre eigenen Interessen wirksam einzubringen, etwa wenn nach
einem Herrschaftswechsel der neue Inhaber die Rechtslage abklären ließ. Die Mitwirkung
von Hubern bei der Gestaltung der Hofordnungen ist vielfach bezeugt: sie
nahmen die Gelegenheit wahr, sich anlässlich der Rechtsweisung der überkommenen
Rechte zu vergewissern, sie in Absprache mit der Herrschaft zu modifizieren
und sich jeweils neu auf die Ordnung zu verständigen34. Vermutlich lag es nicht
nur im Interesse des Grundherrn, wenn anlässlich von Streitigkeiten über die
Vogteirechte die alleinige Zuständigkeit des Dings betreffend der Dinghofgüter
festgestellt wurde: ebenso wenn der Grundherr zusichern musste, die Bauern nicht
vor fremden Instanzen zu belangen40.

Ein schönes Beispiel für die Kommunikation zwischen Herr und Bauern anlässlich
der Rechtsweisung liefert die Geschichte der Vogteien Niederranspach und
Obermichelbach im Sundgau. Als Dank für geleistete Dienste waren der Kaufmann
und Finanzmann Henman Offenburg und sein Sohn vom Priorat St. Alban
mit der Vogtei auf Lebenszeit beliehen worden. Umgehend ließ Henman Offenburg
die Hofrechte weisen und machte sich eigenhändig Notizen. Darüber ließ er
vom Notar Johann Friedrich von Munderstadt zwei gleich lautende Urkunden anfertigen
, deren eine er den Hubern überließ41!

Gelegentlich wurden Bauern als Beisitzer in Schiedsgerichte berufen, wo sie gewissermaßen
auf einer gesellschaftlich höheren Ebene in einen Verhandlungspro-
zess mit einbezogen waren. Sie saßen dann mit Kirchenleuten. Juristen - wie Peter
von Andlau -. adeligen und städtischen Notabein in der gleichen Stube, um Kon-

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