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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 152
(PDF, 50 MB)
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vermutete, auch in der Folge der Pestzüge: „Die Vermögen, die sich in den Händen
der Erben von Pestopfern in reichem Maße ansammelten, mögen später noch dazu
beigetragen haben, dass bürgerliche Anlagen in Grundbesitz bzw. Bodenrenten
plötzlich stark anschwollen"100.

Nun schoben sich zwischen Grundherrschaft und Bauern städtische Bürger, die
fortan Lehengüter als Pfandbesitz oder in Unterleihe innehielten. Als Folge der
Verschuldung kam es zu sozialen Umschichtungen innerhalb der Landbevölkerung
, von der sozialen Differenzierung in reich und arm war schon die Rede. Allerdings
sind die Verwaltungsquellen der Grundherrschaften naturgemäß nicht der
Ort. wo die aus der dörflichen Besitzschicht abgestiegenen Personen zu finden
sind; deshalb lässt sich in den Listen der Zinser bzw. Hofbeständer das Absinken
kleiner Bauern in die Armut und Besitzlosigkeit aufgrund von Namenswechseln
lediglich erahnen101. Den Zustand völliger Armut beschreibt ein Kembser Dinghofrodel
bildlich als das Fehlen von Bettstatt oder Haustür, in dem Passus über den
Sterbfall: Von der Hinterlassenschaft des Verstorbenen beansprucht die Herrschaft
das beste Stück Vieh, oder, so es nicht vorhanden ist. das beste Federbett: fehlt
auch dieses, nimmt sie die Bettstatt oder die Haustür102.

Grundsätzlich verstärkte die Verschuldung der Bauern den Druck auf die Be-
triebe. Ertragssteigerungen zu erzielen, doch hätten sie. wie Gilomen darlegt, von
einer positiven Ertragsbilanz selbst wenig profitieren können. Indessen saßen die
städtischen Kreditgeber und -geberinnen am längeren Hebel. Es ging um einen
„unerwünschten Rückkoppelungseffekt: Die städtischen Geldgeber bedangen sich
Naturalzinsen aus und verminderten so durch eine einmalige Investition die Marktnachfrage
(...) endgültig." Vermutlich verminderten sich durch solche wiederholte
Kreditgeschäfte die Absatzchancen und Verkaufsquoten der Bauern auf dem
Markt. In diesem Mechanismus glaubt Gilomen einen der Gründe für das Andauern
der spätmittelalterlichen Getreidepreisbaisse zu erkennen103.

Langfristig zeichnet sich in unserem Untersuchungsraum erst gegen Ende des
15. Jahrhunderts ein Anstieg der Getreidepreise ab, womit sich die Einkommenslage
der Produzenten zu entspannen schien. Im Anschluss an Buszello und Weissen
erklärt Othenin-Girard. wie es kommt, dass von steigenden Getreidepreisen in erster
Linie die großen Bauernbetriebe profitieren"^. Kleine Betriebe, die oft nur aus
einer Hofstatt, einem Garten und einer Wiese oder einem Rebgarten bestanden,
blieben weiterhin von Lebensmittelkäufen abhängig, die sie immer teurer zu stehen
kamen. Damit verengte sich ihr wirtschaftlicher Spielraum zusehends, waren
sie doch alles andere als Selbstversorger. Es kam übrigens vor, dass nicht nur städtische
Kaufleute, sondern Bauern Getreide horteten und die Spekulation anheizten:
Den 11. Martini ist ein geitziger und ungerechter Baur zu Basel in gefangnis geworfen
worden, darumb das er ein Viertzei korn umb 7 Ib verkaufen wollen, da
sonst das Korn nur 5 Ib 10 s gegolten (1 lb [Pfund] = 20 s [Schilling]), notiert Johannes
Groß zum Jahr 1531105.

Die Armen haben, wie schon gesagt, wenig Spuren in den Quellen hinterlassen.
Ihre Existenz ist aber mitzudenken, wenn man Beraine und Zinsbücher auswertet,

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