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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 159
(PDF, 50 MB)
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verpflichtet, als Urteilssprecher in den sisgauischen Landtagen mitzuwirken. Nachdem
nun 1461 die Stadt Basel mit der Herrschaft Farnsburg die landgräflichen
Rechte im Sisgau als Lehen des Bischofs erworben hatte, beharrte Ritter Hans
Bernhard von Eptingen gegenüber der Stadt weiterhin auf seinem Standpunkt und
setzte den alten Streit fort. Das musste die Pratteler Untertanen zunächst wenig
kümmern. Jedoch erfuhren sie eine Intensivierung von Herrschaft: einerseits weil
Hans Bernhard, der bislang nur ein Viertel des Dorfs besessen hatte, nun von seinen
Vettern auch deren Teile erworben und Grund- und Gerichtsherrschaft gebündelt
hatte134, andererseits weil er die Dorfleute allesamt in die Leibeigenschaft
zwingen wollte. Seinen Vorvätern hatte es noch genügt, die Untertanen als „arme
lüte" zu bezeichnen13\ während er sie als Leibeigene betrachtete. Als er nun 1464
allen Frauen und Männern zur Eidesleistung zu erscheinen befahl, beschwor er den
kollektiven Ungehorsam herauf. Niemand wollte sich zur Dorflinde begeben, wo
der Ritter und ein städtischer Notar warteten. Die Frauen und Männer reagierten
nach einem bekannten Muster, indem sie der befohlenen Huldigung fernblieben
und passiven Widerstand leisteten. So zog sich die Eidesleistung der 90 Leibeigenen
und 29 Hintersassen über lange 15 Monate hin136. Elf Männer entzogen sich
gänzlich, sie bildeten später den Kern der mit Solothurn verbündeten Aufständischen
. Während damals Hans Bernhard Hilfe bei Basel fand und das Bürgerrecht

(7

erhielt, lehnten sich die Aufständischen an Solothurn an; weil sie sich ins Solo-
thumer Burgrecht aufnehmen ließen, machten sie sich in den Augen ihres Leibherrn
des Meineids schuldig.

Ohne die Ereignisse weiter zu schildern, seien hier die immer wieder aktivierten
Verhaltensweisen der beteiligten Bauern vorgestellt. Sie wandern wenigstens auf
Zeit ab. vorzugsweise in die Stadt. Falls dies ihnen angeboten wird, nehmen sie
städtisches Burgrecht an, wozu Solothurn noch so gerne Hand bietet, während
Basel ein entsprechendes Ersuchen der Leute aus Pratteln ablehnt137. Solches Verhalten
sollte in der Zeit der Reformation auch konfessionspolitisch weitreichende
Folgen zeitigen, wie die Geschichte des Basler Fürstbistums lehrt. Denn die bischöflichen
Untertanen aus dem Birseck traten 1525 gemeindeweise ins Basler
Burgrecht ein und wandten sich dem neuen Glauben zu. wodurch sich für Jahrzehnte
die Situation der konfessionellen Spaltung zwischen dem bischöflichen
Landesherrn und seinen protestantischen Untertanen ergab13*. In Gerichtsprozessen
sodann operieren die Bauern mit der Taktik des Ladungsungehorsams139; durch
die Lähmung der Gerichtstätigkeit untergraben sie die Autorität der Herrschaft
auch symbolisch, weil es nur zu offensichtlich ist. dass es ihr an Instrumenten zur
Durchsetzung ihrer Machtansprüche und Befehle mangelt. Schließlich kann der
Friede wie in vielen anderen Fällen nur mit Hilfe eines Schiedsgerichts hergestellt
werden. Konfliktlösungen durch ein von beiden Parteien gewähltes Schiedsgericht
waren bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts dank gutnachbarlicher Hilfestellung an
der Tagesordnung, sind dann aber, wie Hans Berner feststellt, zumindest im Fürstbistum
nicht mehr zu beobachten. „Es markiert dies den Übergang von einem
gleichsam .sozialpartnerschaftlichen' Herrschaftsverständnis mit dem Nebeneinan-

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