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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 161
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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bürg, dass dieser das Recht habe, über die angeschuldigten Frauen zu richten: denn
er selbst hetti über die frow en ze richtend und gehertent nutzi [d. h. keineswegs] in
die lantgrafschaff Sysgow14*. Der Streit um das Blutgericht wurde im Medium des
Hexenprozesses ausgetragen. So kann es übrigens nicht erstaunen, dass als Verteidiger
der Angeschuldigten der Vogt von Farnsberg und weitere Leute dieser Herrschaft
auftraten. Für die Besetzung des Gerichts und die Durchführung des Verfahrens
stand dem Ritter Hans Bernhard ein bewährter Kreis von Personen zur Verfügung
, den Vorsitz führte der Landvogt des bischöflichen Amts Birseck. an zweiter
Stelle wirkte der Basler Ratsknecht Peter zum Blech.

Diese mächtigen Männer hatten Jahre zuvor an den allerersten Hexenprozessen
in der Nord- und Nordwestschweiz mitgewirkt, zuerst im Amt Birseck selber, wo
Personen aus Schliengen im heutigen Badischen gefangen lagen144. Im übrigen
hatte Peter zum Blech auf Ersuchen von Ludwig IV, Pfalzgraf zu Rhein, einst einige
Frauen in Heidelberg verhört150. Auf welchem Weg der Pfalzgraf vom Ruf
dieses Fachmanns in Hexensachen erfahren hatte, ist noch genauer abzuklären.
Vermutlich verdankte Peter seinen Einsatz der Vermittlung Wunnewald Heidelbecks
. Kanzler des Basler Bischofs, der in Heideibers studiert hatte151. Dass am
kurpfälzischen Hof überhaupt ein Interesse an den neuartigen Konzepten schadenzauberischer
Hexereidelikte entstanden war, könnte unter anderem darin begründet
sein, dass Beziehungen zum Haus Savoyen bestanden und dass Ludwigs Gattin,
Margarete von Savoyen, ihre Kenntnisse über die Verfolgung von Hexen in ihrer
Heimat und in der Dauphine weitergab152.

Noch ist die Liste der seit 1443-1444 im Oberrheingebiet veranstalteten frühen
Hexenprozesse nicht definitiv abgeschlossen153. Immerhin steht fest, dass in der
Nordwestschweiz die Welle der Verfolgung von „Hexen" und „Hexern" nach der
Hungersnot von 143 8/39154. in der Zeit der Schindereinfälle und des St. Jakoberkriegs
begann, so dass in kurzer Zeit in einigen Gerichtsherrschaften im Umkreis
Basels Opfer auf dem Scheiterhaufen endeten. Ein zweiter Anstieg der Prozesse
gegen angebliche „Hexen" und „Hexer" fällt in die 1480er und 1490er Jahre155, so
dass sich Andreas Blauerts These bestätigt, wonach es eine gewisse Parallelität von

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Notjahren und Hexenverfolgungen gibt. In den 1440er Jahren fanden solche sowohl
im Fürstbistum Basel als auch in umliegenden Adelsherrschaften statt, in
Gempen. Dornach. Büren, ebenso in den stadtbaslerischen Ämtern Waldenburg
und Liestal, in den 1450er Jahren in Arisdorf.

Zur Häufung der Verurteilungen konnte es im Grunde nur dadurch kommen,
dass die Angeschuldigten im Folterverhör routinierten Richtern gegenüberstanden,
die ihnen kaum die Chance gaben, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Kann
man die Hexenprozesse der 1440er Jahre in einer Zeit der wirtschaftlichen Not und
des Kriegs eindeutig als Krisensymptome verorten, so sind sie eine Möglichkeit.
Konflikte in der ländlichen Gemeinde auf Kosten von Sündenböcken zu bereinigen156
. Das setzt allerdings die Konstruktion des neuartigen Hexereidelikts voraus,
wie es in kirchlichen Kreisen zur Zeit des Basler Konzils formuliert wurde157. In
welcher Weise die gebildeten Urteilssprecher wie Wunnewald Heidelbeck von den

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