Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
70.2008, Heft 1.2008
Seite: 142
(PDF, 29 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2008-01/0144
ten Hertener Urkunde -Emthrud überschreibt dem Kloster ihren vom Vater ererbten
Besitz in villa, qui dicitur Wechsa I „in der Siedlung / im Hof, der Wiechs
(heute Ortsteil von Schopfheim) genannt wird" und in pago Brisicauve / „im
Breisgau" gelegen sei. Das Breisgau genannte Gebiet reichte im Frühmittelalter
weiter nach Süden als heute, bis nach Basel/Rheinfelden/an den Hochrhein. Vor
1200 Jahren hätten alle von Ihnen, die hier leben, im Breisgau gewohnt. Als geschenkte
Güter werden Wohnhäuser und andere Gebäude, Wald, Weideland, stehende
und fließende Gewässer genannt - es handelte sich also um eine „rechte"
Schenkung.

Als ihr Motiv zum Schenken gibt Emthrud ihren Glauben und die Hoffnung,
einst ins Paradies zu kommen, an. So beginnt der Text fromm, mit einem Christus
bedeutenden Zeichen links von den ersten fünf Zeilen, dem Chrismon, und den
Worten in Dei nomine et aeternae retributionae / „in Gottes Namen und in der
Hoffnung auf Belohnung in der Ewigkeit". Emthrud denkt aber durchaus auch an
ihren Vorteil auf Erden. Sie verknüpft nämlich mit der Schenkung die Bedingung,
dass sie und nach ihr ihre Erben die geschenkten Güter weiterhin selbst innehaben
und nutzen dürfen, quasi als Pächter: Sie verpflichtet sich auf die Bezahlung eines
jährlichen Zinses ans Kloster: ad festivitate sancte Martini / an Martini, dem Tag
des heiligen Martin, bekanntlich dem 11. November, bis ins 20. Jahrhundert hinein
ein wichtiger Zins-Tag, hat sie - und später ihre Söhne und Töchter und die Erben
der weiteren Generationen - dem Kloster alljährlich einen Solidus, eine Geldsumme
, zu bezahlen. Emthrud macht also nur eine „Pseudo-Schenkung", sie bleibt Inhaberin
ihrer Güter, wird aber aus einer freien zu einer abhängigen Grundbesitzerin
, die Zins, lat. census, bezahlen muss. Solche bedingten Schenkungen an die
Kirche tätigte man, um seinen Besitz vor Übergriffen Mächtiger zu schützen - Kirchenbesitz
war sicherer als weltlicher Privatbesitz. Überdies verhinderte man so
die Zersplitterung des Besitzes bei Erbgängen. Emthrud hat sich also durchaus mit
dem Schenkungsgeschäft einen großen Vorteil verschafft. Es folgt im Text eine
Strafandrohung: Wenn sie oder die Erben den Zins nicht bezahlen oder jemand
Anderer sich an der Schenkung vergreift, sollen die Güter ganz ans Kloster fallen
und die betreffenden Personen hart bestraft werden. Sie würden dem fisco / „dem
Fiskus" - wie gut kennen Sie und ich dieses Wort! - der Staatskasse, ein Pfund
Gold und drei Pfund Silber abliefern müssen.

Und nun kommt der für die Hertener springende Punkt in der Urkunde: Actum
in villa, qui dicitur Harta coram frequentia populi / „vereinbart und schriftlich
festgehalten im Hof, der Harta -Harta (Herten) - heißt, in Anwesenheit zahlreichen
Volkes". Das Wort Harta sehen Sie in der letzten Zeile rechts außen als
viertletztes Wort.

Dass die Urkunde in Herten geschrieben wurde, könnte darauf hinweisen, dass
dieser Ort bereits eine gewisse Größe, eine gewisse Bedeutung hatte. Das Rechtsgeschäft
, seine schriftliche Niederlegung, wurde öffentlich und feierlich abgewickelt
, erregte Aufsehen. Die direkt daran Beteiligten und Publikum waren anwesend
. Statt eines Siegels wie bei den späteren Urkunden haben wir hier eine Liste

142


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2008-01/0144