Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
70.2008, Heft 1.2008
Seite: 143
(PDF, 29 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2008-01/0145
von anwesenden Zeugen aufgeführt, die wohl zur Bekräftigung der Urkunde ihre
Hand darauf gelegt haben. Die Liste wird angeführt von Emthrud selbst: Signum
Emthrud cum marito suo patrono Rihberto I „Zeichen der Emthrud, begleitet von
ihrem Ehemann und Rechtsbeistand Rihbert". Ihr Gatte Rihbert fungierte also
als ihr Rechtsvertreter, ihr Advokat. Emthrud war verheiratet, sie war aber allein
- nicht gemeinsam mit dem Ehemann - die Besitzerin der dem Kloster über-
schriebenen Güter. Es folgen die Namen von sieben Männern, Zeugen des
Rechtsgeschäftes. Sie heißen z. B. Gerfrid, Sigimund, Wolfhart - germanische
Namen.

Schließlich nennt sich der Schreiber der Urkunde, der Priester Huzo, nicht ein
Mönch, sondern ein lokaler Weltpriester. Er bringt sein Zeichen an und setzt das
Wort scripsi / „ich habe es geschrieben" dazu. Er fügt auch das Datum an: „im 39.
Regierungsjahr Karls des Großen als König, im siebenten als Kaiser, am 16. Tag
vor dem ersten Juni": So datierte man im alten Rom, der erste Monatstag hieß ka-
lendae, davon kommt unser Wort Kalender. Die Datumsangaben ergeben in heutiger
Sprache den 17. Mai 807.

Nun haben wir das für die Hertener Entscheidende beisammen: Am 17. Mai
807, zur Zeit, als Karl der Große Kaiser war, ist in Herten eine Urkunde geschrieben
worden. Im Mai 807 gibt es Herten, ist eine Siedlung namens Herten
vorhanden. Es ist nicht eine Gründungsurkunde, die Urkunde gibt einfach den
Nachweis, dass Herten am 17. Mai 807 existierte. Herten ist älter, aber es ist nicht
überliefert um wieviele Jahre älter, wir werden das nie wissen. Es ist durch die
St.Galler Urkunde einfach die mindestens 1200 Jahre alte Existenz der Siedlung
Herten bewiesen. Unter den Zeugen des Rechtsgeschäftes könnte sich der früheste
namentlich bekannte Bewohner Hertens verbergen, nachweisbar ist aber nichts.
Über Emthrud wissen wir immerhin einiges, nämlich, dass sie wohlhabend war,
dass sie verheiratet war, Kinder hatte, Liegenschaften in Wiechs besaß - vielleicht
dort wohnte - und den Schenkungsvertrag mit St.Gallen abschloss. Gerne wüsste
man, wie alt sie war, ob sie blondes Haar hatte, wie groß oder wie klein sie war, ob
sie so hübsch wie die Hertenerinnen hier im Saal war: Solche Auskünfte gibt ein
Vertragstext natürlich nicht. Das Wesentliche aber ist da: Herten darf sein
1200-Jahr-Jubiläum feiern.

Werfen wir noch einen Blick auf die Rückseite der ältesten Urkunde zu Herten.
Sie sehen, dass sie gefaltet war. Erst vor etwa 150 Jahren hat man sie entfaltet,
flach gemacht - wie, wissen wir nicht. Vorher lag die Urkunde als ganz kleines
Päckchen in einer Archivschachtel. Die Rückseite ist so wirr wie die Vorderseite.
Auf ihr steht der Entwurf für den endgültigen Text vorne. Dann - für uns „auf dem
Kopf4 der Rückvermerk, der Betreff, welchen der frühmittelalterliche Archivar angebracht
hat: Trad(itio) Emdrudi und Cap. XVII, Kapitel 17. Die Kapitelzahl bedeutet
den klösterlichen Verwaltungsbezirk, zu dem das Rechtsgeschäft gehörte.
Die Archivare in St.Gallen haben - möglicherweise ohne je gereist zu sein - ihre
Besitzungen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz so gut überblickt, dass
sie sie mit der Verwaltungszahl richtig lokalisieren konnten.

143


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2008-01/0145