http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2009-01/0016
Wie unfriedlich dieses Zeitalter wirklich war, zeigt sich auch darin, dass nach
dem Westfälischen Friedensschluss 1648 in Münster der Französisch-Holländische
Krieg (1672-1679) ausbricht, ihm folgen der Pfälzische (auch Orleanische oder
Neunjährige) Krieg (1688-1697) sowie der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714).
Weitere Kriege in Europa ergeben eine mehr oder minder zusammenhängende
Kette schwerer kriegerischer Auseinandersetzungen bis weit in das 20. Jahrhundert
.
Die mit der Belagerung von Wien 1683 erkennbaren Angriffsvorbereitungen des
Osmanischen Reiches - das mit Frankreich verbündet war - gegen Österreich beendeten
die Bemühungen einer zuverlässigen Sicherung der Westgrenze. Obwohl
vor allem an der Ostgrenze des Reiches angesiedelt und in unserem Raum für die
Zivilbevölkerung erst 1685 durch die „Türkensteuer"2) (zur Anwerbung von Soldaten
und zur Auslösung christlicher Gefangener) spürbar, darf man im Zusammenhang
der europäischen Kriege die schweren Auseinandersetzungen im Rahmen der
Türkenkriege 1625-1699 zwischen dem islamisch-osmanischen und christlich-
habsburgischen Reich nicht vergessen, die bereits 1683 in der zweiten Belagerung
von Wien und dessen legendärem „Entsatz" gipfelten.
Es waren seine militärischen Erfolge im nachfolgenden Großen Türkenkrieg
(1683-1699) gegen die Osmanen, die dem Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden3
) (1655-1707) seinen Ehrennamen „Türkenlouis" (Abb.l) gaben. Auch die
Türkenkriege finden auf dem Balkan und rund ums Schwarze Meer ihre unrühmliche
kriegerische Fortsetzung in weiteren schweren Auseinandersetzungen, die bis
ins 21. Jahrhundert andauern.
Die „apokalyptischen Reiter der Offenbarung" beherrschten das Land: Die
Kriege forderten einen hohen Blutzoll und Missernten führten im 17. Jahrhundert
zusätzlich zu einer weiteren Verknappung der durch Verwüstung, Teuerung und
Kontributionen bereits sehr begrenzten Nahrungsmittel. Als Folge davon wurden
die Menschen anfällig für Erkrankungen und Seuchen. So forderte die Pest ihren
tödlichen Tribut - auch im Wiesental. In Süddeutschland überlebte nur ein Drittel
der Bevölkerung.
Erstaunlicherweise entwickelte sich gerade in diesem Jahrhundert mit dem Barock
eine Epoche, die gekennzeichnet war von kulturellen Höchstleistungen in der
Malerei, Grafik, Architektur, Mode und Musik. Wobei die drei Phasen des Barock4
), angefangen vom Frühbarock (1616-1648) über den Hochbarock (1650-
1675) bis hin zum Spätbarock (1675-1715) wiederum zeitlich parallel zu den kriegerischen
Zeiten laufen.
Weltberühmte Künstler wie Cervantes, Monteverdi, Rubens, van Dyck, Rem-
brandt, Claesz, Hals, Moliere, Bach und Händel schufen in dieser Zeit ihre einzigartigen
Kunstwerke, Grimmelshausen seinen Simplicissimus. Und Bauwerke wie
das Schloss von Versailles, der Dresdner Zwinger, Sanssouci, der Petersdom von
Rom, der Louvre, der Invalidendom in Paris, das Schloss Belvedere in Wien, das
Winterpalais in St. Petersburg sowie die Residenzschlösser in Ludwigsburg und
Rastatt entstanden in jener Epoche.
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