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werden und strategisch-taktisch nicht als Einzelwerk, sondern in ihrer Gesamtheit
als Linie wirken.43)
Diese Linien sicherten vor allem die neuralgischen Passübergänge, Fürte, wichtige
Wegverbindungen und topographisch tief eingeschnittene Talböden.
„Linien erfüllten einen rein taktischen Zweck, indem sie große Landstriche zuverlässig
in allen Jahreszeiten vor dem Eindringen kleinerer feindlichen Parteien
und Detachements schützten. Hinter ihnen konnten ohne störende Zwischenfälle
Felder bebaut werden, konnte Handel betrieben werden, konnten Steuern eingezogen
werden, kurz: das hinter ihnen liegende Land blieb als logistische Basis der eigenen
Kriegsführung vorbehalten und gleichzeitig wurden die Untertanen geschont
, woran die zivilen und militärischen Amtsträger ein großes Interesse haben
mussten. So dienten die Linien dazu, die Ressourcen der von ihnen geschützten
Gebiete dem Gegner vorzuenthalten und sie selbst zu nutzen!"44)
Neben diesen fraglosen Vorteilen hatten die langen Schanz- und Festungslinien
aber auch den gewichtigen Nachteil, dass sie große Teile der Armee langfristig
schon beim Bau, aber vor allem bei der Besetzung und Verteidigung banden. Nur
so waren aber deren präventiver Abschreckungscharakter und ihr militärischstrategischer
Wert aufrechtzuerhalten.
Die Finanzierung der Linien teilten sich - im ständigen Streit um die jeweils
aufzubringenden Gelder - die für den Schwarzwald und das Rheinvorland zuständigen
Reichskreise, dann die Reichsritterschaft sowie für die vorderösterrei-
chischen-habsburgischen Reichsgebiete der Kaiser in Wien. Wobei der Hof in
Wien über Jahrzehnte hinweg mehr durch mündliche Versprechungen glänzte als
durch konkrete finanzielle Hilfen: Zugesicherte Proviant- und Geldsendungen trafen
- wenn überhaupt - nur zögerlich und unvollständig ein. Wien geriet über die
gesamten Jahre der Kriegsführung hinweg immer wieder in Zahlungsverzug und
war kaufmännisch gesehen eigentlich zahlungsunfähig.
Da die Kreise selbst natürlich kein Interesse an einer sie bevormundenden Zentralverwaltung
durch das Reich hatten und nur eine streng defensive Überlebensstrategie
verfolgten, war es für Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden als Oberbefehlshaber
der Reichs- und Kreiskontingente unmöglich, hier all die gegenläufigen
Interessen und militärischstrategischen Ziele zwischen Reichskreisen und Kaiser
unter einen Hut zu bringen. Gleichzeitig stand ihm ein zentralistischabsolutistisch
agierender Gegner mit einem zentral geführten, kompakten Heer gegenüber. Weniger
der Markgraf, sondern vor allem die Kreise drängten auf einen defensiven
„Kleinen Krieg". Und die Kreise selbst hatten natürlich ein großes Interesse an der
Errichtung der „Schwarzwaldlinien", da diese als wirkungsvolle und passive
Schutzmaßnahme unmittelbar ihre Territorien schützten.45)
Der Bau der Linien war sehr aufwändig: Als Beispiel sollen die „Eppinger Linien
", das 86 kilometerlange nördliche Endstück der großen „Schwarzwaldlinie",
dienen. Rund 1 640 000 Kubikmeter Erde wurden bewegt, u.a. 17 900 Palisaden
gesetzt, 1 250 Bretter und 3 640 Brückenbeleghölzer verarbeitet, 50 300 Faschinen
gebündelt und insgesamt 18 000 Weidenruten für Flechtwerk angefordert. Dazu
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