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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2009-01/0048
Im späten 17. Jahrhundert änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Bereits
ab 1695 wurden verstärkt auch Soldaten zum Schanzen herangezogen, nicht nur,
da die Bauern zahlenmäßig nicht mehr ausreichten, um die umfangreichen Erdwerke
in der gewünschten Zeit - in Einzelfällen sogar oft über Nacht - zu errichten
. Sondern auch deshalb, da die zivilen Schanzarbeiter, in der Mehrzahl aufgebotene
Bauern, immer mehr dazu neigten, sich bei der erstbesten Gelegenheit
durch Flucht zu entziehen oder erst gar nicht zum Schanzen anzutreten. So trafen
1703 zum Schanzenbau an den Stollhofener Linien von den angeforderten 1100
„Schanzern" tatsächlich nur 80 ein.^}

Hinzu kam, dass auch von den Reichskreisen selbst ständig Kritik an den „Landesausschüssen
" kam, die „keine verlässliche Hilfe" darstellten. So herrschte 1697
die Meinung vor, „ein Soldat leiste so viel wie zwei Bauern zusammen".69) Manchmal
schickten die umliegenden Herrschaften kaum oder gar keine Arbeitskräfte, so
dass die Soldaten alleine beim Schanzen waren. Gab es zudem finanzielle Engpässe
, ruhte auch die Arbeit der Handwerker.70) Deshalb wurde das Schanzen immer
mehr auch von den Soldaten (die dadurch einen willkommenen Zuwachs für ihren
Sold erhielten) durchgeführt. Dennoch erledigten den Großteil der Arbeit immer
noch aus der Zivilbevölkerung zwangsrekrutierte Bauern. Denn um größere Erdbewegungen
durchzuführen, mussten oft hunderte, in einzelnen Fällen sogar tausende
„Frohnder" der näheren und weiteren Umgebung zusammengezogen werden -
in vielfacher Hinsicht eine logistische Meisterleistung.

Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelten sich aber auch auf der Basis veränderter
Taktik, Strategie und Waffenentwicklung mehr und mehr militärische
Spezialeinheiten, welche die „Schanzbauern" ablösten. Jetzt übernahmen professionelle
„Mineure", „Sappeure", „Pioniere" und „Ingenieure" in speziellen „Corps"
diese Arbeit. Dennoch blieb bis in die jüngere Geschichte das Schanzen großer
Festungsanlagen und „Linien" - so wie auch beim „Westwall" auf deutscher oder
der „Maginot-Linie" auf französischer Seite - primär die Arbeit der zivilen Bevölkerung
. Auch in unserem Raum können sich Zeitzeugen noch gut daran erinnern,
im Dritten Reich wieder „zum Schanzen", diesmal an den „Westwall", verpflichtet
worden zu sein.

Auch die historischen Schwarzwälder „Schanzbauern" mussten immer gerade
dann zum Schanzen, wenn sie eigentlich ihre Feldarbeit verrichten sollten. Denn damals
diktierte die Natur den Feldherrn das Zeitfenster für ihre Feldzüge: Um die unzähligen
Pferde und Ochsen, die als Reit-, Transport- und Zugtiere für den Transport
der Truppen und der Geschütze unbedingt notwendig waren, zu ernähren, war es von
größter Wichtigkeit, dass auf Wiesen und Matten bereits Gras wuchs. Pferde waren
der „Motor" einer Armee und dafür benötigte man sie in Massen. Nur ein Beispiel:
Um endlich eine Entscheidungsschlacht am Oberrhein herbeizuführen, zogen die
Franzosen 1693 allein im Elsass über 13 000 Bauernfuhrwerke mit jeweils vier bis
sechs Pferden als Vorspann71) zusammen, was allein - ohne die sie begleitenden militärischen
Reitertruppen - den Einsatz von über 70 000 Pferden voraussetzte - von
der dafür benötigten Futtermenge ganz zu schweigen.

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