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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
71.2009, Heft 1.2009
Seite: 148
(PDF, 31 MB)
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mussten sich seine Befohlenen sofort auf den schmutzigen Boden schmeißen.
Dieses Traktieren reizte uns Buben so sehr, dass wir beschlossen, auch ihn zu ärgern
. In sein vom elsässischen Dialekt geprägtes Kommandieren brüllten wir mit
vereinten Kräften: „He, Elsässer, pass' uff, es kummt ä Granädle jefloje." Sofort
unterbrach er seine „Drillerei". In rüdem Ton befahl er zwei seiner Männer, uns zu
verfolgen und zu ihm zu bringen. So schnell wir konnten hauten wir ab. Wir flohen
über die Egd in den Heißbrenniwald, um uns zu verstecken. Recht schnell entdeckten
uns die zwei Verfolger. Doch sie taten uns nichts und wir wunderten uns
über ihre Gründe. Im Gegenteil, sie setzten sich zu uns und begannen von ihrem
schweren und schikanösen Lagerdienst zu erzählen. Für diese jungen Männer waren
wir Buben wieder Menschen, mit denen man normal reden konnte.

Einige Jahre nach dem Krieg, ich war so um die zwanzig Jahre alt, hatte ich eine
andere, für mich unvergessene Begegnung. Ich kam gerade von der Feldarbeit zurück
, als beim Haus Jakob Hofmann ein PKW anhielt. Ein Ehepaar stieg aus und
fragte mich, ob ich denn aus diesem Dorf stamme. „Wir suchen nämlich nach
einem ehemaligen Arbeitsdienstlager, das doch in diesem Dorf errichtet war." Mit
meinem Hinweis, genau auf der Höhe des Eingangs zu diesem Lager zu stehen, erkannte
der Mann den Ort wieder. Er stand vor „seinem gesuchten Lager". Auf meine
Nachfrage zum Grund dieser Suche entgegnete er mir: „Sehen Sie, das ist meine
Frau. Kinder haben wir keine. Sie hat mich gefragt, ob wir heiraten wollen. Ja,
ich heirate dich, aber du darfst nicht von mir verlangen, dass wir Kinder bekommen
. Vor allem, wenn ich wüsste, dass wir nur Mädchen bekämen, würde ich es
mit zwölf aufnehmen. Aber einen Bub würde ich nie in die Welt setzen wollen, der
das müsste erleben, was wir da drinnen alles mitmachen und aushalten mussten."

Karl-Frieder Silbereisen (Jahrgang 1934), „Der Dorfhistoriker"

Das Reichsarbeitsdienstlager wurde 1938 gebaut. Es bestand aus 11 Holzbaracken.
Heute noch könnte ich jederzeit eine Führung durch das Lager machen und zeigen,
wo die einzelnen Barackengebäude standen und welchem Zweck sie dienten.

Das Gelände wurde den Besitzern enteignet und erst nach dem Krieg wieder,
ohne Entschädigung, zurückgegeben.

Etwa um die 200 Mann waren im Lager untergebracht. Die eingezogenen
17/18-Jährigen wurden von den Vorgesetzten überaus hart erzogen. Der Spaten
war der Waffenersatz, mit dem diese jungen Männer eine intensive vormilitärische
Schulung „genossen".

So wurden am Altenberg, oberhalb vom Dorf, 3 Erdkeller ausgegraben und betoniert
, und das alles von Hand. Auch Unterstände mussten sie ausheben in Efrin-
gen, in Kirchen und am Westwall bei Istein. Wenn die Arbeitstrupps dann Feierabend
hatten, mussten sie ihre Spaten am kleinen Bächlein ausgangs des Dorfes
ganz sauber putzen, anderenfalls bekamen sie strengste Verwarnungen.

Feste wurden gefeiert, zum Beispiel der 1. Mai 1939. Arbeitsdienstmänner stellten
einen Maibaum auf. Das ganze Dorf war dazu eingeladen.

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