http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2009-01/0151
Von Zeit zu Zeit wurde die Dorfbevölkerung zu Unterhaltungsabenden eingeladen
. Auch wir Kinder durften mit, um im großen Speisesaal Filme anzuschauen.
Erinnern kann ich mich an einen Rühmann-Film: „Quacks, der Bruchpilot44. Die
Filmabende begannen immer mit der Wochenschau und dem Neusten vom Krieg
durch die „Vöx tönende Wochenschau44.
Am 19. März 1944 erlebte ich den Tag der Wehrmacht. Wir Kinder durften eine
Rundfahrt auf dem Lastwagen mitmachen und auf dem Appellplatz wurden Kunststücke
mit Motorrädern gezeigt.
Nach 1943 wurden diejenigen, die den Arbeitsdienst beendet hatten, entlassen.
Dafür füllten sich die Baracken immer mehr mit WehrmachtsSoldaten. Diese waren
in unserem Lager bis zum 19. November 1944. Als die Kampffront von Westen
her immer näher an den Rhein rückte, wurde das Lager endgültig geräumt. Am
Sonntag, 19. November 1944, etwa gegen 17.30 Uhr, vernahm man vom Rhein her
das Kettenrasseln von fahrenden Panzern. Ein amerikanischer Panzerverband war
nahe der Schweizer Grenze durchgebrochen und über die Rosenau zum Rheinseitenkanal
, zum Kraftwerk und in den Ort Kembs vorgestoßen. Schon an diesem
Abend folgten MG-Garben mit Leuchtspur über den Rhein zum badischen Ufer.
Der Großteil unserer Bevölkerung hatte diese Vorgänge kaum wahrgenommen.
Doch immer näher gegen unser Dorf kamen die Schüsse. Zur Sicherheit mussten
wir nachts in den Stollen in der Enge, um zu übernachten.
Am 5. Dezember 1944 verließen wir Einwohner zum dritten Mal unser Dorf.
Wir wurden wieder nach Hausen im Wiesental evakuiert. Erst am 1. Mai 1945
durften wir nach Wintersweiler zurück in unsere teilweise zerstörten und beschädigten
Häuser.
Das Ende des Lagers in Wintersweiler
Dem Bericht von K.-F. Silbereisen ist zu entnehmen, dass mit dem 19. November
1944 das R.A.D.-Lager Wintersweiler zu existieren aufgehört hat. Warum das
Lager aufgelöst und verlassen wurde, ist durch Befehle oder andere Behördenmaßnahmen
nicht zu belegen. Wie die französische Besatzungsmacht das Lager antraf
und welche Anordnungen sie erließ, auch darüber ist nichts zu erfahren. Auf jeden
Fall, der 12-jährige „Spuk44 des so genannten „Dritten Reiches" mit all seinen unseligen
Auswirkungen war zu Ende - auch für das Dorf Wintersweiler.
Die am 1. Mai 1945 heimgekehrten Dorfbewohner trafen auf ein zerstörtes Lager
. Doch einige Barackengebäude, in ihrem typisch rostroten Anstrich, blieben
unzerstört, als letzte Zeugnisse einer fast 7-jährigen Lagervergangenheit. Diese erhaltenen
Gebäude wurden den ehemaligen Grundeigentümern übereignet. Viele
Jahre noch dienten sie der bäuerlichen Nutzung.
Eine noch gut erhaltene Mannschaftsbaracke bekam die Gemeinde Wintersweiler
zugesprochen. Hinter dem Rathaus wurde sie aufgestellt und war den Vereinen
für ihre Festveranstaltungen jahrzehntelang ein nützlicher Veranstaltungsraum.
Ein Foto, anlässlich von Juli Schwei giers Konfirmation im März 1949, erinnert
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