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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 1.2010
Seite: 83
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2010-01/0085
Kurz vor dem Haftentlassungstermin erreichte den Gemeinderat ein Schreiben
des Bezirksamts Lörrach: „Die Adelheid B. von dort hat die Bitte gestellt, vor ihrer
Abreise nach Amerika noch in ihren Heimathsort gehen zu dürfen. Man hält es
für bedenklich sie in Freiheit zu setzen, will ihr dagegen die Bitte nicht abschlagen
, damit sie nicht etwa nachträglich sich weigere die Reise nach Amerika anzutreten
." Das Bürgermeisteramt solle dafür sorgen, dass die Adelheid B. „noch einmal
nach Degerfelden geführt werde, um daselbst von ihrer Mutter Abschied zu
nehmen." Am 20.3.1863 reiste Adelheid B. in Begleitung des Bürgermeisters nach
Degerfelden und von dort nach Basel, wo sie bis zu ihrer Abfahrt auf einem Rheindampfer
von der dortigen Polizei überwacht wurde. In Le Havre wurde am
25.3.1863 ein „Einschiffungs-Certificat" für Adelheid B. ausgestellt und ihrer Heimatbehörde
zugeschickt, um die Einschiffung nach New York zu beweisen und das
restliche Überfahrtsgeld zu erhalten.

Nach ihrer Abreise stellte der Gemeinderat eine Kostenaufstellung zusammen.
Der Agent hatte 86 fl. bekommen. Der Auswanderin händigte man in New York
14 fl. als Startgeld aus. Der Schuster Fridolin Amrein hatte 2 fl. und 30 Kreuzer für
die Anfertigung eines Paares Schuhe erhalten, die Näherin Wilhelmine Weber 2 fl.
20 Kreuzer für das Nähen der Kleider. Die Rechnung des Krämers Amrein für eine
Reisetasche, einen Kamm und Seife belief sich auf 52 Kreuzer. Schließlich schlug
noch das bei einer Versteigerung gekaufte gebrauchte Hemd, eine Fahrkarte von
Lörrach nach Basel mit der Eisenbahn, die Kosten für den Kleiderstoff und die
Reisespesen des Bürgermeisters zu Buche. Alles in allem hatte die Aktion 119
Gulden 55 Kreuzer gekostet.46)

Der ebenfalls aus Degerfelden stammende Leander R. wurde 1858 aus der „polizeilichen
Verwahrung" in Bruchsal auf Staats- und Gemeindekosten über Mannheim
, Köln und Bremen nach Baltimore „spediert". Der Gemeinderat gab an, dass
„man keine andere Erwardung hat, als wenn derselbe wieder auf freien Fuß käme,
er wieder bald in den Rückfall zum Diebstahl käme"47)

In Minsein gab es 1852 den Gemeindebeschluss, „so viel wie möglich daran zu
wenden, wen(n) man den Boll loswerden könne." Ursus Boll sei ein Waldfrevler,
Wilderer, Dieb und vertränke das, was er verdiene, „meistens in Wirthshäußern außer
Orts". Man bitte um einen Beitrag aus der Staatskasse, „in dem es ja auch im
Interesse des Staades ligt solche Leute aus unserem Lande zu bringen welche ja in
keiner Hinsicht etwas gutes stiften, aber fiel übel un Schaden verursachen." Auch
die Großherzogliche Bezirksforstei Nollingen, die ihren Sitz „bei Rheinfelden"
hatte, unterstützte die Abschiebung des Boll, ja sie regte gleichzeitig an, „die beiden
Ortsbürger Fridolin Heitz, Zimmermann u. Jakob Soder, Weber zu gleicher
Zeit mit Ursus Boll fortzuschaffen, da solche ebenfalls als überberüchtigte Ge-
wohnheits Frevler bekannt sind". Aus diesem Schreiben spricht die Angst der Besitzenden
vor dem Heer der Armen und Besitzlosen, die sich am Eigentum der
Reicheren vergriffen, um etwas zum Heizen und zum Essen zu haben.

Boll und Heitz forderten unbescheiden jeder 700 Gulden von der Gemeinde für
ihre Auswanderung. Es wurde ihnen jedoch eröffnet, „daß auf eine derartige über-

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