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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 1.2010
Seite: 97
(PDF, 30 MB)
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fil Schnee 45 - 50 grad Kalde. Die Leute haben da exdra Kaputzen welche die Augen
und gesicht bedeken". Heinrich Eckert floh vor dieser Kälte in den Süden und
landete schließlich in Tijler in Texas, von wo er den ersten erhaltenen Brief
schrieb. Seine Fahrt nach Texas schilderte er wie folgt: „Das Reisen ist hier gantz
anders als wie in Deutschland. Die Personenzüge sind für die Arbeiterklasse zu
theuer denn diese Fart würde mich gegen 500 Taler gekostet haben wenn ich niht
den Frachtzug genommen häte man gibt einem Angestellten vom Zuge 10 oder 20
Zent und der besorgt dann ein Wagen wo man reinschlupft und so färt man Tag
oder nacht durch. Ich bin von Schikago südlich gefaren mit 28 Mann in einem Wagen
und 10 Wagen waren so gefüllt."

In Tijler hatte er Arbeit „in einem Herschaftshause im Garten neben 2 Neger. Es
ist hier sehr warm edwas küle nechte, gibt kein Schnee und Eis im Winter. Es werden
fiele Früchte der Drubischen (= tropischen) Zone gepflanzt. (...) Das einzige
was der Drubel ist: es hat zu fiele Negers über die Hälfte der Einwohner, diese
pflantzen weiter nichts wie die Kattens (= cotton) wirt bei Euch Watte genant womit
ihr die Wunden heilt. Es werden Millionen nach Bahn verladen das gibt die
besten Kleiter."

Eckert wartete auf Antwort aus der Heimat und fürchtete, dass seine Briefe vielleicht
nicht angekommen wären: „(...) ob der zweite im Schikago Eisenbahn Strecke
verloren ging weis ich nicht sie haben sämtliche Zuge gestobt und 100 von
wagen verbrand." (Vermutlich wurden die Züge auf Grund der Unruhen zerstört,
die wegen der immer größer werdenden sozialen Gegensätze von extrem Reichen
und extrem Armen Ende des 19. Jahrhunderts in den USA herrschten.)

Im Mai 1895 wollte Eckert nach New Orleans ziehen, „denn Tiler ist eine kleine
Statt und ein Drittel sind Neggers, denn es ist hier sehr warm, wir haben im März
wärmer als bei Euch im Juli. Jedoch die Leute arbeiten nicht so schwer wie in der
North. Und sind noch sehr weit zurück in allen beziungen" (Brief vom März
1895). Er wartete auf baldige Nachricht aus der Heimat („ob ihr noch alle gesund
und arbeitsluschdig sind"), „denn eine Woche ist man im Osten die andere in Kalifornien
in diesem Land." In den 1920er Jahren meldete sich Heinrich Eckert nochmals
aus Mexiko, von wo er eine Ansichtskarte von sich und seiner mexikanischen
Frau schickte.

Heinrichs Bruder Fritz, der die ganze Zeit in Detroit geblieben war, scheint es
nicht gut ergangen zu sein. In seinen etwas konfusen Briefen herrscht ein enttäuschter
und später verbitterter Ton vor. In einem undatierten Brief schrieb er, er
hätte schon „3 Jahre keine Arbeit, (...) ein 4del von der Statt sted 1er, (...) 2 Brauerei
wurden dise Woche wider geschlosen". Warum Fritz Eckert nicht wie sein Bruder
die Stadt verließ, bleibt unklar. Scheinbar spielten auch private Probleme eine
Rolle: „Ich Borrd (= wohnen?) jetzd wider bei meiner Frau und bezale nur noch
6/50 die Woche so lange ich nicht arbeite. Sie ist manchmal so hässlich daß sie
ein(en) thud schone wenns mol stirbd" (undatierter dritter Brief, ca. 1925). Die
wirtschaftliche Lage war wieder schlecht („fast die halben Männer rassieren sich
selber", anstatt zum Barbier zu gehen). Auch dies war ihm bekannt: „Oh Süsana

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