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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 2.2010
Seite: 111
(PDF, 31 MB)
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wusste. Und anlässlich einer persönlichen Begegnung dann: Für die alemannischen
Gedichte fühlte ich mich noch nie so geehrt als durch die feine Attention und Auszeichnung
mit der mich diese Frau während ihres Hierseins behandelt hat, so dass
ich nicht weiß, ob ich über ihr oder über mir selber vernarrt - wollte sagen - entzückt
bin (Nr. 245).

Ein knappes Jahr später gastierte Madame Hendel erneut in Karlsruhe. Hebel
schwärmt wieder: 24 Tage hindurch, so lange Mad. Hendel hier war, schwelge
ich diesmal in einem Genuss, der mir vor einem Jahr schon minutenweise unbezahlbar
war. Sie gab diesmal ihre mimischen Darstellungen öffentlich, dann die
Jungfrau von Orleans, Medea, die Gräfin Orsina in Emilia Galotti. - Aber als
jetzt nach dem Programm eine Szene aus Macbeth folgen sollte, hielt sie einige
Sekunden still, schaute mich (ich saß im Parkett in den vordersten Reihen) eine
Weile lächelnd an, als die eine Spitzbüberei im Sinn hat, und begann mir selbst
überraschend „zFryburg in der Stadt etc. - Eine Schauspielerin auf dem Theater
, und ein Kirchenrat im Parkett!!! (Nr. 270). Das Karlsruher Publikum war
begeistert, Hebel beglückt. Drei Ausrufezeichen finden wir in Hebels Briefen nur
an dieser Stelle.

Kurz darauf schrieb Hebel der Schauspielerin höchstpersönlich einen Brief und
gestand:

Lange hätt ich es ohnehin nimmer ausgehalten, ohne an Sie zu schreiben. Seit Sie
uns verlassen haben, ist mir halb Karlsruhe ausgestorben. Unwillkürlich richteten
sich anfänglich alle meine Gänge nach der Post. (Nr. 273) Anfangs 1810 erfuhr
Hebel, dass Madame Hendel zu einer Italien-Tournee aufgebrochen war. Er schrieb
ihr: Ich binde daran viel fliegende Träume. Alle Heerstraßen sind verschüttet, nur
über Karlsruhe nicht, Sie kommen, wie verabredet, am Abend vor den Ferien hier
an. Ich darf Sie begleiten bis Basel, wie ein großer Herr einen hohen Gast, bis an
die Grenzen meines Kalender- und Dichterreichs, zeige Ihnen alle Kirchtürme des
Wiesentals und seine Herrlichkeit, und falle nieder, ich vor Ihnen, und bete Sie an.
(Nr. 282)

Einer Künstlerin gelang es, Hebel für Musik zu begeistern, der Opernsängerin
Marianne Schönberger-Marconi. Der Straßburger Bekannten Sophie Haufe schrieb
Hebel: Ich muss doch ein wenig verliebt gewesen sein in die Geliebte, wie ich jetzt
erst merke. Denn so lange Madame Schönberger die Gepriesene und Bewunderte
hier war, war ich sehr eifersüchtig über die Ehrenbezeugungen, mit denen man
ihr huldigte, und ließ es nicht gelten, dass sie so schön spiele und singe. Aber in
der Tat sie tut beides trefflich, und ihre männliche Stimme durch weibliche Zartheit
gemildert tut in Männerrollen, die sie fast einzig spielt, außerordentliche Wirkung.
Als Titus im Titus von Mozart übertraf sie sich selbst. Doch Sie sehen sie vielleicht
selbst, denn sie geht über Straßburg nach Paris. (Nr. 294)

In Briefen an Gustave Fecht verschwieg der verzückte Hebel sein Eintauchen in
die verlockende und erotische Welt des Theaters. Überhaupt ist die Korrespondenz
zwischen Karlsruhe und Weil in der Hebeischen Hoch-Zeit seiner Theaterbegeisterung
erstaunlich dünn!

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