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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 2.2010
Seite: 125
(PDF, 31 MB)
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den Eingang ins Herz sey" (B 105). Das fasst die Überlegungen des Wolf-Briefes
griffig zusammen und könnte das Konzept der „Allemannischen Gedichte" sein.
Denn im Vorwort zu den Gedichten schreibt er in der Erstauflage 1803: „Für
Freunde ländlicher Natur und Sitten eignet diese Gedichte ihr Innhalt und ihre Manier
. Wenn Leser von höherer Bildung sie nicht ganz unbefriedigt aus den Händen
legen, und dem Volke das Wahre, Gute und Schöne mit den heimischen und vertrauten
Bildern lebendiger und wirksamer in die Seele geht, so ist der Wunsch des
Verfassers erreicht."37 Ähnlich in der Einladung zur Subskription: Dem „Ungebildeten
würde das Wahre und Schöne darin durch das Vehikel der Sprache, in der er
geboren ist, leichter und lebendiger in die Seele gehen4'.38 Geistliche und weltliche
Texte müssen denselben Maßstäben genügen.

Mit den Gedichten ist Hebel gelungen, was er sich für seine Gottesdienstgebete
wünscht: „Von einer solchen Bearbeitung wenn ich ihr Ideal erringen
könnte, glaubte ich, daß sie alle Klassen von Zuhörern, und nicht nur auf kurze
Zeit in reiner ungestörter Andacht vereinigen könnte; denn es gienge aus ihr
nicht der konventionelle Geschmack der kleinern Parthei, und nicht der Unge-
schmack der großen, auch nicht der eigene der Zunft, sondern edle einfache Natur
hervor, die so Gott will an alle Herzen ansprechen, und über alle wechselnden
Moden des Zeitalters siegen wird," (B 105). Diese Kunst ist es, warum man
bis heute von ihrer bleibenden Aktualität sprechen kann.39 Hebel gewinnt letztlich
den Begriff „populär" erst wieder, er holt das Volk wieder ein in eine
schließlich auf es selbst bezogene Kunstauffassung, und er tut dies, indem er
„seine Sprache spricht".

9. Der erste Wunsch ist Hebel zwar nicht „gelungen", „Pfarrer bey einer Landgemeinde
" zu werden, aber der zweite, bis auf unsre Zeit Glauben, Hoffnung und
Liebe „lebendig und dauernd" in den „Seelen" der Leser „anzufachen" (B 90). In
diesem Zusammenhang wird auch der bekannte Verweis auf das Pfingstwunder
sinnig. Hebel denkt dabei nicht nur an die gedankliche Verbindung: Damals wie
heute haben die Leute plötzlich verstanden, was gesagt wurde - jetzt, weil es alemannisch
ist statt „hauchdeutsch" (B 459). Der inhaltliche Gesichtspunkt spielt für
ihn mit hinein: Es geht auch um die Religiosität. „Meine erste Absicht ist die, auf
meine Landsleute zu wirken, ihre moralischen Gefühle anzuregen, und ihren Sinn
für die schöne Natur um sie her theils zu nähren und zu veredele(n), theils auch zu
wecken. Sollte die alte und bekannte Frage der glücklichen Überraschung: ,wie
hören wir ein ieglicher die Sprache, in der wir gebohren sind' nicht noch einmal
ein kleines Wunder thun können?" (B 121; Hebel zitiert aus dem neutestament-
lichen Buch der Apostelgeschichte Kap. 2, V 8). Als Landpfarrer kann er seinen
Landsleuten in ihrer Sprache ein Pfingstfest bereiten und dabei die „großen Taten
Gottes" (Apostelgeschichte 2, 11) erzählen, wie sie sich für ihn vor allem im Leben
der Schöpfung und in Gottes Vorsehung und Fürsorge für den Menschen abbilden
: Hirtendichtung, Pastoralpoesie. Er will es so tun, dass eben die Sinnlichkeit
des Menschen, das Gefühl erwärmt wird durch Religiosität.

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