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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 2.2010
Seite: 131
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im Sinne der Bedeutung des lateinischen Wortes „ ordinatio " - als „ Weihe freilich
nicht als Priesterweihe8, aber doch als „Weihe des geistlichen Berufs"9. Seine
Aufgabe in Hertingen bestand hauptsächlich in der Mithilfe bei der Austeilung des
Abendmahls; gelegentlich wird er auch gepredigt haben.10 Außerdem fällt in diese
Zeit eine Art Pfarrverwaltung im benachbarten Tannenkirch, wo der alte Pfarrer
verstorben ist und der neue sein Amt noch nicht angetreten hat.11

Die Zeugnisse des seelsorgerlichen Wirkens Hebels beschränken sich auf
wenige handschriftliche Eintragungen in den Kirchenbüchern von Hertingen
und Tannenkirch.12 Gleichwohl steht der eng umgrenzte Hertinger Auftrag,
dem Hebel unter äußerst dürftigen Bedingungen gerecht werden muss, am
Anfang seiner geistlichen Laufbahn. Was also liegt näher, als hier in Hertingen,
in dieser evangelischen Kirche, über sein geistliches Amt im ganzen ein wenig
nachzudenken!

Als Hebel im Jahre 1801 nach einem Besuch im Oberland auf dem Rückweg
nach Karlsruhe in Hertingen Station macht, findet er nur noch wenige, die er vor
zwei Jahrzehnten gekannt und geschätzt hat. Enttäuscht schreibt er darüber an seine
Freundin Gustave Fecht: „...ich hatte etwas von der Empfindung, wie wenn ein
Verstorbener nach 100 Jahren wieder käme, und den Schauplatz seines verwehten
Lebens wieder besuchte. "[3 Noch der zweiundsechzigjährige Prälat und - nächst
dem Großherzog - oberster Repräsentant der Evangelischen Landeskirche Badens
erinnert sich in seiner mit manch nutzlosem Prunk ausgestatteten Karlsruher
Wohnung voller Wehmut an die Hertinger Zeit: „O, wie glücklich saß ich einst
in Hertingen zwischen den Milchkänsterlein und den nassen Strümpfen und
Handzwehlen am Ofenstänglein. "I4 Trotz der bescheidenen Umstände war der hier
verbrachte Lebensabschnitt für Hebel wichtig. Wahrscheinlich hat er nie wieder so
viel freie Zeit für sich selbst gehabt. Er nutzt sie zu Ausflügen in die Umgebung, aber
auch zum intensiven Lesen. Die Themenbreite seiner Lektüre ist beeindruckend.
Vor allem sind es theologische Werke, die der junge Geistliche studiert und die ihn
in seinen künftigen Überzeugungen nachhaltig prägen.15

Hertingen kommt auch in einer Kalendergeschichte vor. Ein vorbeireisender
Herr hört vom Schliengener Berg, den er zur Schonung der Kutschpferde zu Fuß
hinaufgeht, das Hertinger Mittagsläuten und schaut auf seiner eigenen Uhr nach,
„ob die Hertinger Uhr recht geht".16 Ob etwas „recht geht", ist - im übertragenen
Sinn - eine oft gestellte Frage bei Hebel. Während der Jahre in Hertingen
und anschließend in Lörrach sammelt er die Eindrücke, die er später in seinem
dichterischen und schriftstellerischen Werk verarbeiten wird.17

Die Badische Landeskirche zur Zeit Hebels

Ausgehend vom Priestertum aller Gläubigen hatte die Reformation die
Unterscheidung zwischen Priestern und Laien als unbiblisch verworfen. Von Martin
Luther stammt der Satz: „Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes."1*

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