Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
74.2012, Heft 1.2012
Seite: 35
(PDF, 29 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2012-01/0037
Denn einige Parteimitglieder überlegten bereits, wie man die grundbuchmäßigen
Rechte Sichlers beschneiden könnte. „Bürgeln als Ort von Führerschulungen im
alemannischen Sprachgebiet [...], ...das Propagandaministerium sollte auf Bürgeln
aufmerksam gemacht werden."

Göring, Goebbels und das Ende

Nach seiner Rückkehr Anfang 1939 wohnt Sichler mit Ehefrau Nelly auf Bürgeln
, zum ersten Mal hält er sich für längere Zeit dort auf. Doch schon bald trägt
er sich mit Abwanderungsgedanken. In der beginnenden Kriegszeit ist die Versorgung
auf Bürgeln schlecht: er bemängelt das Fehlen geeigneter Handwerker, die
schlechten Verkehrsmöglichkeiten, den Mangel an Dienstpersonal, die unzureichende
Versorgung mit Heizmaterial, das Desinteresse der Parteistellen; und sein
fortgeschrittenes Alter macht ihm ebenfalls zu schaffen. „Neid, Missgunst, gröbster
Unverstand und Undank" - so kennzeichnet er die Beziehung zu den Verantwortlichen
, wobei er den Vorsitzenden Kammüller ausdrücklich ausnimmt: „Ihm
lag Schloss Bürgeln wirklich am Herzen, und er hat an meinen Sorgen teilgenommen
[...] und ist wohl hundert Mal nach Bürgeln gekommen..." Aber Kammüller
war nach Sichlers Rückkehr ohne großen Einfluss. Die Führungsriege des Vereins
um ihn herum war jetzt unter nationalsozialistischem Einfluss.

Natürlich war Bürgeln das geeignete Objekt für die NS-Ideologie im kulturellen
Bereich. Die lange achthundertjährige Geschichte der alten Benediktinerabtei mit
der NS-Ideologie zu verbinden, sich des Mythos Bürgelns zu bedienen - quasi ein
luziferischer Gedanke - und so die Wurzeln des NS-Systems überzeugend in der
deutschen Geschichte zu verankern -, das war typisch für die Idee der Einbeziehung
aller kulturellen Leistungen unter der Ägide der nationalsozialistischen Bewegung
.

Die Situation spitzte sich Ende 1941 zu, als hunderttausende Tote infolge des
Russlandfeldzuges zu beklagen waren. Bürgeln wurde von verschiedenen Institutionen
für deren Zwecke auserwählt und angefordert. Die genauen Umstände sind
im Buch, ,,Z' Bürglen uf der Höh - Richard Sichler auf Schloss Bürgeln" - von
Seite 136-190 ausführlich auf Grundlage der Dokumente aus verschiedenen Archiven
geschildert. Trotzdem bleibt der Sachverhalt spannend. Die SS von Reichsführer
Himmler, die DAF (Deutsche Arbeitsfront) mit ihrem ehrgeizigen Führer
Robert Ley, die Marine, die Gauleitung in Karlsruhe um Robert Wagner und dann
plötzlich das RLM (Reichsluftfahrtministerium) mit Hermann Göring - verschiedene
Institutionen bewarben sich um Bürgeln, manche drohten mit Enteignung.
Und inmitten der Pächter, der durch seinen Pachtvertrag das „Zünglein an der
Waage" spielen konnte.

Dann der Eklat: Göring erzwingt am 27. Juli 1942 über einen „willigen Notar"
im Müllheimer Notariat widerrechtlich den Grundbucheintrag (noch heute für Juristen
„unglaublich"). Dieser Eintrag zu Gunsten des RLM wurde durch den Ein-

35


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2012-01/0037