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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
74.2012, Heft 1.2012
Seite: 167
(PDF, 29 MB)
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In diesem „niemals" steckt der unbändige Wille, gepaart mit der urwüchsigen
Kraft, welche die sogenannten kleinen Leute aus dem Volke beseelt, wenn die Obrigkeit
, wenn die Gleichschalter aller Couleur unter dem Deckmantel „Nationalismus
" oder „Globalisierung" ihnen auch noch das Allerliebste wegnehmen wollen,
ihre Ursprache, die Sprache ihrer Ahnen, die Sprache ihres Herzens, in der „Mutterliebe
und Heimatliebe" pochen.

Dieses Nein zur sprachlichen Nivellierung durch die monokulturellen Dampfwalzen
der einsprachigen Plattmacher, dieses Nein zum Austilgen der volkstümlichen
Traditionen und Gebräuche, die unsere alemannischen Volksgemeinschaften
kulturhistorisch prägen und einzigartig machen, dieses Nein klingt in Liliane Ber-
tolinis Werk diskret aber unmissverständlich nach.

Ihre Texte bleiben stets dezent zurückhaltend, sogar ihre gelegentlichen Wutausbrüche
sind in einem Hauch von Zärtlichkeit eingehüllt... oder mit einer Prise
Humor versüßt.

Am Beispiel von Albert Schweitzer, von dem ihr die Großmutter aus dem Münstertal
in der Kindheit viel erzählt hat, begleitete sie stets der Respekt des Lebens,
der ihr einen toleranten Blick auf ihre Mitmenschen erlaubte, auch wenn sie eine
scharfe Beobachterin der gesellschaftlichen Ereignisse ihrer Epoche sein wollte.

Ihre Neigung zur Literatur und Dichtung zeigte sich früh: sie erzählt, dass sie
mit zwölf, als sie in der Schule gefragt wurde, was sie werden wolle, ohne zu zögern
antwortete: „Dichter", was ein lautes Gelächter in der Klasse auslöste. Ihre
absolute Waffe gegen Unwissen und Schlechtigkeit war das Studium, das sie, zeitweise
auch als Autodidaktin, nie aufgegeben hat.

Sie sagt: „Später trug mich jahrelang die deutsche Literatur auf ihren Armen
durchs Leben. Leidenschaftlich verweilte ich in ihrem Schoß und stillte meinen
Wissensdurst in den Werken ihrer Autoren."

Eins ist ihr heute noch klar, „wer rastet, der rostet", und wie auch Karl May sagt
sie: „Ich bin eine Werdende". Aber, bemerkenswert ist vor allem ihre Dankbarkeit
, das Dankeschön an ihre Mutter, die ihr, wie sie sagt, „einen Schatz mit auf
den Weg gegeben hat, vielleicht ungewollt oder unbewusst"... und dieser Schatz ist
der elsässische Dialekt, ihre so innig geliebte Muttersprache ...

Manchmal muss sie auch zugeben, dass die historisch und politisch bedingte
Zerrissenheit ihres Heimatlandes ihr zu schaffen macht.

Sie reiht sich somit ein in die erlesene Runde der Brückenbauer zu mehr Verständnis
, mehr Respekt, mehr Toleranz und Achtung der Kultur und Sprache des
Anderen.

Der Andere, der vielleicht jenseits dieses Flusses lebt, vielleicht einer anderen
Nation angehört, eine andere Amtssprache spricht und schreibt, der aber im Grunde
genommen ein Alemanne ist.

Und was braucht heute ein Alemanne einen deutschen, einen schweizerischen
oder einen französischen Ausweis, um zum Nachbarn zu gehen, ihm die Hand zu
schütteln und ein paar Worte mit ihm zu wechseln?

Die gemeinsame Sprache sollte doch Pass genug sein, oder?

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