http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2012-02/0050
Das „Ortssippenbuch Grenzach66
als wichtige Geschichtsquelle
Erhard Richter
Das „Ortssippenbuch Grenzach" erschien 1974, und erst danach wurde von der
zuständigen Behörde eine zeitliche Sperre erlassen. Anschließend durften solche
Werke aus Gründen des Datenschutzes nur noch mit schriftlicher Genehmigung
der betroffenen Familien über das Jahr 1900 hinaus publiziert werden, so dass es
praktisch keine vollständigen Veröffentlichungen mehr gibt.
Unser 7434 Namen umfassendes Ortssippenbuch stützt sich auf die evangelischen
Kirchenbücher, die von 1599-1870 vom Pfarrer geführt wurden. Danach
zog man zur Weiterführung die Register des Standesamtes mit den Beiakten zu
Rate.
Bei ihren Einträgen haben die Geistlichen auch oft wichtige Anmerkungen hinzugefügt
, wodurch ein solches Ortssippenbuch eine unersetzliche Quelle für die
herrschenden Zeitumstände darstellt. Es ist nicht meine Absicht, hier nun vollständig
alles aufzulisten, sondern ich möchte nur an ausgewählten Beispielen aufzeigen
, wie vielfach anders das Leben früher gewesen ist. (Die Zahlen in Klammern
beziehen sich dabei auf die Nummern im Ortssippenbuch.)
Todesarten
So starben schon bald nach der Geburt zahlreiche Säuglinge, die aber bis in das
letzte Drittel des 19. Jahrhunderts möglichst noch alle am gleichen Tag oder am
folgenden Morgen getauft werden mussten. Die Taufe ist ja in den christlichen
Kirchen das erste Sakrament, durch das der Mensch in die Glaubensgemeinschaft
aufgenommen wird. Dabei ging man in Grenzach sogar so weit, dass man 1697
ein schon im Mutterleib verstorbenes Töchterlein der Familie Hartmann noch
nachträglich taufte (1325).
Auch sonst war die Kindersterblichkeit sehr groß, wobei vor allem die Blattern
(Pocken) genannt werden. So verlor z.B. die Familie Bitterkraut im Jahre 1621
drei ihrer 6 Kinder zwischen 1 und 7 Jahren durch diese Krankheit (209).
Bevor der ungarische Frauenarzt und Geburtshelfer Ignaz Philipp Semmelweis
(1818-1865) die infektiöse Ursache des Kindbettfiebers entdeckte, starben auch in
unserem Dorf zahllose junge Mütter.
Als sonstige Todesarten werden genannt: Gicht (2666), Wassersucht (1177),
Hauptweh (1779), Flußfieber (1528) und Auszehrung (1568). Diese wird oft mit
„verserbeln" bezeichnet, wobei man ein langsames Dahinsiechen beschrieb. Dies geschah
aber überraschenderweise nicht nur bei älteren Leuten, sondern auch bei Kin-
48
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2012-02/0050