http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2012-02/0059
Mutter gegen 26 Jahre alt gewesen sein." Vaters Arbeitgeber war der Oberpfarrer
Ernst Stähelin-Hagenbach. Er predigte in der protestantischen Theodors-Kirche
am Wettsteinplatz, nur etwa 200 Meter von seinem herrschaftlichen Gut entfernt.
Vaters „Gütchen" - gemeint ist das Gärtnerhaus - gehörte mit zum großen Gutshof
. Es umfasste neben den Wohnräumen eine Stallung, eine Scheune, einen Heuschopf
und daneben den Gewächsgarten mit den Treibhäusern und den Frühbeeten
. Seine örtliche Lage beschreibt Schaffner so: „Östlich von dem Gut, in dem
mein Vater als herrschaftlicher Gärtner angestellt war, führte in großer Nähe eine
Eisenbahnlinie vorbei, und zwar die badische von Basel nach Konstanz..."
In diese Zeit gehören die Erlebnisse mit den beiden Pfarrerstöchtern, die täglich
um 6 Uhr ein Glas kuhwarme Milch an Vaters Stalltür abholten. Als der kleine Jakob
auf drei zählen konnte, machten sie es sich zur Aufgabe, ihn zu unterrichten.
Sie wollten aus dem eifrigen Buben einen protestantischen Christen machen, was
ihm nicht immer behagte, vor allem, weil sie über seine katholische Mutter lästerten
und die Katholiken allesamt als minderwertig betrachteten. Äußerungen dieser
Art kränkten ihn sehr und verursachten in ihm großes Unbehagen.
Mit Freude erzählt der Bub mit den Kirschenaugen aber von den Sonntagsspaziergängen
mit seinem Vater. Sie wurden zur unverrückbaren Gewohnheit. Sonntag
für Sonntag, wenn die Basler Kirchenglocken ausläuteten, „hatte er bereits unter
meiner eifrigen Mithilfe den Garten versehen", lesen wir da. Dann ging es hinaus
in Gottes freie Natur. Sein über alles geliebter Vater hat mit seiner beschaulich
wissenden Art ihm tiefe Ehrfurcht vor der Natur in all ihren Facetten reifen lassen.
„Dagegen", so schreibt er, „konnte ich mich nicht genug über meine Mutter
wundern, wenn sie munter wurde und die schwarzen, unzufriedenen Augen lächelnd
spielen ließ". Dies geschah nur dann, wenn Franz Xaver Hänner, ihr im
Haus geduldeter Liebhaber, in der Nähe war - „während sie sonst zu den nettesten
Sachen des Vaters kaum den Mund verzog, und seine gelegentlichen Zärtlichkeiten
mit einem verdrießlichen: ,Lass mich in Ruhe!4 beantwortete." Besser kann der
tiefe Riss zwischen Vater und Mutter nicht geschildert werden.
Jakobs Vater kränkelte lange Zeit. Er „grämte sich duldend und hoffend zu
Tode", zumal seine Frau sich mit ihrem Hausfreund auch noch der Schwarzen
Kunst verschrieben hatte und nach Geld gierte. Einmal stiegen sie sogar aufs
Grenzacher Horn, um dort einen Schatz zu suchen, von dem in ihren Kreisen wohl
gemunkelt wurde.
Jakobs Vater starb 1883 an Typhus. Die Mutter wanderte mit Jakobs jüngerer
Schwester und ihrem Hausfreund nach Amerika aus. Sie war eine unruhige, zwiespältige
Natur.
„Als mein Vater tot und begraben war", schreibt Jakob, „bekam die Welt für mich
ein anderes Gesicht. Pfarrer Stähelin musste sich nun einen neuen Gärtner suchen
und den Angehörigen war aufgegeben, das Gütchen zu verlassen. Es erschienen
fremde Männer, die unseren Hausrat auf einen Wagen luden und wegführten."
Der achtjährige Bub kam, von seinem Onkel Frieder begleitet und einer Kuh, zu
den katholischen Großeltern nach Wyhlen.
57
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2012-02/0059