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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
74.2012, Heft 2.2012
Seite: 74
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Ratschreiber, und Fritz Beck anwesend. Das verrät uns ein Postkartengruß, der am
21. 11. 43 von Straßburg nach Wien abgeht, wo Webers Sohn Hans in einem Lazarett
kuriert werden muss. Der Pressebericht der Straßburger Neuesten Nachrichten
vom 20. 11. 1943 strotzt vor Nazi-Parolen.

Am 31. August 1944 legalisiert Schaffner sein Verhältnis mit der 23-jährigen
Schweizerin Renate Bisegger, die ein Kind von ihm erwartet (Hamm). 25 Tage
später, am 25. September, kommen beide bei einem Bombenangriff der Alliierten
auf Straßburg in einem Luftschutzkeller ums Leben. Von seinem Nachlass ist
nichts bekannt.

Soweit Schaffners Biographie!

Wenden wir uns zum Schluss der Frage zu:

Wie gehen wir heute mit Schaffners Bekenntnis zum Nationalsozialismus um?

Schaffners Leben war von Anfang an voller Widersprüche und Spannungen. Er
fühlte sich ausgesetzt, als Unterschichtkind benachteiligt und in seiner angestammten
Heimat (der Schweiz) unverstanden.

Wir fragen uns, weshalb er nicht erkannte, dass die neue Form staatlicher Ordnung
, die er ersehnte und im Dritten Reich glaubte gefunden zu haben, in einen
Unrechtsstaat mit allen Folgen münden musste.

Der Schweizer Hans Bänziger, der kenntnisreichste Schaffner-Kritiker der
Nachkriegszeit, urteilte 1958: „Es war ein kaum entschuldbarer Fehler, die Versprechungen
des Dritten Reiches als bare Münze zu nehmen, wo man es mit
Falschmünzern zu tun hatte."

Manfred Bosch formulierte Schaffners politische Einstellung 1995 so: „Von seiner
prodeutschen Haltung im Ersten Weltkrieg wurde er über seinen Glauben an
eine deutsche Sendung schließlich zum Propagandisten der Nazis."

Fragen Sie mich nach meinem Erklärungsmodell für seine Annäherung an den
Nationalsozialismus und seine Begeisterung für den NS-Staat, so komme ich zu
folgendem Ergebnis:

Schaffner erlebte sich immer wieder als Zerrissener:

- geographisch zwischen Deutschland und der Schweiz,

- religiös zwischen Katholizismus und Protestantismus,

- gesellschaftlich sah er den Bruch zwischen Armut und Reichtum, zwischen
dörflicher und städtischer Kultur.

Er verlor früh seinen Vater, und das Verhältnis zu seiner Mutter empfand er zeitlebens
als offene Wunde.

Er sah von Anfang an die aus der bäuerlichen Heimat entstandene „Volksgemeinschaft
" als wesentlichen Bestandteil eines gesunden Staates. Das hatte zur
Folge, dass er vom „Dritten Reich" mehr und mehr vereinnahmt wurde und sich
schließlich willentlich - oder vielleicht doch eher zwangsläufig? - an den NS-

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