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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
75.2013, Heft 1.2013
Seite: 98
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schlaue Pilgrim", „Jakob Humbel", „Suwarow", „Merkwürdige Gespenstergeschichte
" und „Der Rekrut" aus Quellen dieses Jahrgangs; Spuren der Geschichten
„Der Kommandant und die Jäger in Hersfeld" und „Kaiser Napoleon und die
Obstfrau in Brienne" lassen sich im Schweizerboten-Jahrgang 1807 finden.15 Warum
sollte Hebel nicht auch in der Februar-Ausgabe Nr. 6 geschmökert haben? Einerseits
schien er kein großes Interesse an dem recht präzisen Faktenreichtum dieses
Berichts zu haben, andererseits besitzen wir ein Briefdokument, in dem Hebel
seinem Freund Hitzig am 21. August 1806 mitteilte: Deinen Schweizzerbotten (...)
hob ich mit Vergnügen durchmustert, und sende dir denselben mit nächster guter
Gelegenheit dankbar zurück. Das Durchlesen einer solchen Zeitschrift, wenn man
einen ganzen gebundenen Jahrgang vor sich hat, hält man freilich nicht aus, manches
wird interesselos durch die veränderten Zeitumstände, manches scheint fade
zu seyn von Haus aus. Ein anderes ist es, wenn mans lesen kann, wie es herauskommt
, alle Woche ein Blatt, feucht unter der Presse weg.

Die Brief-Stelle verdeutlicht uns in besonderer Weise, wie streng Hebel Produkte
der flüchtigen Tagespresse bewertet. Schon im Zeitabstand einiger Monate erscheinen
ihm diese Veröffentlichungen vollkommen bedeutungslos. Dies heißt
also: Wenn Hebel sie dennoch immer wieder als Vorlage für seine Geschichten
verwendet, müssen diese sorgfältig umgearbeitet werden, damit sie über ihre Tagesaktualität
hinaus für einen Jahreskalender für den Leser bedeutungsvoll bleiben
- oder sogar erst bedeutungsvoll werden. Dass bei diesem künstlerischen Ver-
wandlungsprozess die Kategorie „Zeit" ein besonderes Augenmerk verlangt, versteht
sich fast von selbst. In seiner „Leiden"-Geschichte ist dies Hebel außerordentlich
gelungen.

An dieser Stelle wechseln wir unsere Darstellungsperspektive: Mit der gewichtigen
Veröffentlichung „Het fataal evenement: de buskruitramp van 1807 in Leiden
"16 können wir der Frage nachgehen: Welche publizistischen und literarischen
Auswirkungen hatte die Leidener Katastrophe in Holland selbst?

Die ersten Zeitungsberichte über die Katastrophe erschienen schon am 13. Januar
in Dordrecht und am 14. Januar in Amsterdam: vor zwei Tagen habe man ungefähr
um vier Uhr nachmittags eine Erschütterung gespürt und es gebe das Gerücht
von mehr als hundert Toten. Erst am 15. Januar erschien dann eine Spezialausgabe
der Leidener Zeitung, deren Redaktionshaus selbst im Katastrophengebiet lag.
Erste Opfer wurden namentlich genannt; man teilte mit, dass die Löscharbeiten bis
Dienstagsmorgen um sechs Uhr dauerten. In der Ausgabe vom 17. Januar erklärte
der Rektor der Universität, dass seines Wissens keine Studenten unter den Opfern
seien. Zwei Tage später wurde vom erneuten Besuch des Königs berichtet und mit
den Worten zitiert: „Eure Toten kann ich euch nicht zurückgeben, dies ist jenseits
aller menschlichen Möglichkeiten, aber alles, was in meiner Macht steht, werde
ich für Eure Stadt tun."

Die ersten Todesanzeigen wurden abgedruckt; da die Katastrophe kurz nach
Schulschluss geschah und sich im betroffenen Gebiet neun Schulgebäude befanden
, gab es auch zahlreiche Kinder unter den Toten. Ein Vater schrieb: „ Gestern

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