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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
76.2014, Heft 1.2014
Seite: 46
(PDF, 41 MB)
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Links vom Eingang geht es durch eine niedrige, knarrende Kassettentür in die
uralte Gaststube. Ein wahrhaft himmlischer Ort! Ein Ort der Geschichte, ein Ort
zum Geschichten erzählen! Geschichten über den schräg hängenden Spiegel zum
Tricksen beim Kartenspielen, den alten Zigarettenautomaten mit Reval, HB, Kurmark
und Camel Filters, die Schöller-Eiskrem-Truhe, die verdeckte Öffnung zum
Bierverkauf in den öffentlichen „Krone"-Gang oder der vergoldete Badische
Schutzengel im Regulator, der als eine Auszeichnung des soziokulturellen Zentrums
„Wirkstatt" in Karlsruhe auch schon an Minister Willi Stächele, Erzbischof
Robert Zollitsch und an das Hof gut „Himmelreich" vergeben wurde.

Das dörfliche Leben spielte sich früher überwiegend in den Dorfwirtschaften ab.
Das klassische Dorfgasthaus war Mittelpunkt des Dorfgeschehens. Die Gaststube
war den Männern vorbehalten. Die dörfliche soziale Hierarchie setzte sich in eigenen
, blankgescheuerten Tischen für die größeren und mittleren Bauern, die Handwerker
, die „Häusler", Taglöhner und „Fabrikler" und die ledigen „Burschen" und
Knechte fort. Entsprechend gab es einen besseren Wein und einen „Ordinari". Der
Schoppen war das Bindemittel zwischen den Ständen.

In diesen Wirtsstuben fanden Gerichtsverhandlungen, öffentliche Gemeindeversammlungen
, Ratssitzungen, Versteigerungen, Familien- und Vereinsfeste statt.
Am Stammtisch wurden Viehhandel, Holzhandel und andere Geschäftsabschlüsse
getätigt. Der Wirt war oft Geldausleiher mit öffentlichem Anschreiben auf dem
schwarzen Brett. Sonntags nach dem Kirchgang wurde rund um den Stammtisch
einfach gegessen, Schoppen getrunken, geraucht, Karten und Würfel gespielt,
„diskuriert", gemeinsam Volkslieder und zur späten Stunde „Lumpeliedli" gesungen
, musiziert und Witze und Geschichten erzählt. Übrigens war das Rauchen früher
etwas Besonderes und bedeutete modernes Lebensgefühl. Abends ist es in den
Wirtshäusern nach dem noch in der „Krone" hängenden Spruch „Es gibt kein Bier
im Himmelreich, drum trinken wir's auf Erden gleich" oft hoch hergegangen, was
auch ein alter Schwarzwälder Spruch „I wollt, i hätt im Wirtshus gly my Bett" ausdrückt
.

Und mittendrin der Dorfwirt, immer bestens informiert, neugierig und dennoch
meist verschwiegen und zur besseren Übersicht und Begrüßung meistens überhöht
gegenüber der Eingangstür sitzend. Oft mittendrin noch der Dorfschullehrer, an einem
Lesepult die Badischen Amtsblätter, neuesten Nachrichten, Erbauungsbücher
oder illustrierte Reiseberichte aus der damals noch unbekannten weiten Welt vorlesend
. Daraus entwickelten sich später die Lesevereine in Tegernau und heute
noch in Schwand-Demberg. Darüber haben am 20. September 2009 Prof. Dr. Gustav
Oberholzer aus Hausen/München mit „Alte Trinkgefäße und Trinksitten" und
am 04. November 2012 Michael Fautz aus Hauingen mit „Wirtsleute und Gäste
anno dazumal im Markgräflerland" gesprochen.

So eine die dörfliche Geschichte und Kultur mitprägende Wirtschaft war auch
die Tegernauer „Krone", ein Traditionshaus seit dem Jahre 1735. Auch die letzte
Wirtin, die „Kallfaß-Luis", war eine geachtete Persönlichkeit und letztlich ein unvergessenes
Original. Da sie in den letzten Jahren Tag und Nacht verwechselte,

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