Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
76.2014, Heft 1.2014
Seite: 47
(PDF, 41 MB)
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nachts die Fenster putzte und den Dielenboden „spähnte" sowie tags am Nebentisch
schlief, entwickelte das Leben rund um den Stammtisch dieser Dorfwirtschaft
zuletzt ganz eigene und eigenartige Regeln. Es galt schon lange nicht mehr
der in Holz geschnitzte Spruch über dem Stammtisch „Als Jesus an den Felsen
klopfte, geschah ein Wunder, Wasser tropfte, doch größere Wunder gibt es hier,
hier ruft man Luis, schon hat man Bier". Während sie vor ihrer „Kaffichanne" mit
dem Gersten-Zichorienkaffee und ihrem „Kaffischüssele" sitzend schlief, holten
die „Stammtischler" ihre Bierflaschen über die halsbrecherische Kellerstiege hinter
der Theke aus dem Gewölbekeller, tranken, rauchten, unterhielten sich und legten
beim Weggehen das Geld auf die Theke. Die „Luis" hörte dennoch alle Gespräche
und gab zwischendurch ihre treffenden Kommentare. Unvergesslich ist
auch ihr Kommentar vor dem Tag und Nacht laufenden Fernseher „I cha gar nit
versteh, worum di Maidli hütt im Fernsehe immer so blutt sin, wo's hütt doch so
schöni Nachthemli git".

Gehen wir in den Keller. Die Bodenklappe hinter der Theke hoch, die steile
Treppenstiege hinunter, etwas, was die „Luis" für jedes Fläschchen Bier und jede
Flasche Wein nicht zählbar in ihrem langen Leben getan hat. Wir kommen in ein
riesiges, durchgehendes und nur durch die frühere Hausteilung mit einem hölzernen
Gitter unterteiltes Kellergewölbe. Vor uns stehen auf einem alten Holzregal
viele verstaubte Einmachgläser aus den 50er, 60er und 70er Jahren mit „eingeweckten
" Kirschen, Pfirsichen, Bohnen, Karotten, Tomaten, Pilzen, Kutteln und
fettem Schweinefleisch. Alles etwas unansehnlich, aber nach Auskunft der Firma
Weck aus Wehr-Öflingen bei intaktem Verschluss noch essbar. Außerdem finden
sich viele verstaubte Sprudel-, Bier-, Branntwein-, Likör- und Schinkenhägerflaschen
sowie Danziger Goldwasser aus längst vergangenen Zeiten, auch Mineralwasserflaschen
vom Trefzer-Johann vom „Waldhorn" in Stockmatt und von Cas-
telli, Herbster und Müller aus Schopfheim.

Es finden sich auch Mengen verstaubter und noch gefüllter Weinflaschen aller
Jahrgänge. Kistenweise lagern Britzinger Burg Neuenfels 1978, Heitersheimer
Maltesergarten 1987 oder Dürkheimer Feuerberg 1995, aber auch billige italienische
Tafelweine für „Wiischorle" wie Klosterkeller oder Schlossnixe. Besonders
gute Weine und Raritäten hatten die Kronenwirte im umgehenden Wassergraben
des vom Berg immer feuchten und kühlen Gewölbekellers gelagert. Oder sie kühlten
Bier- und Weinflaschen in einer mit Zinkblech ausgeschlagenen Holzkiste, in
die immer wieder Eisstangen aus dem Eis- bzw. Bierkeller bei der „Schlößlibruck"
geholt und zerkleinert wurden. Das Eis hat man früher im Winter aus der Kleinen
Wiese, aus Weihern oder am Galgen gewonnen und im Sommer im Eis- bzw. Bierkeller
abgedeckt gelagert. Ansonsten finden sich alte Bier- und Weinfässer, mit
Stroh eingeflochtene Schnapsguttere, Sauerkrautständele, Essigtöpfe aus Steingut,
Entsafter und andere alte Gerätschaften. Hier in diesem großen und sehr niedrigen
Gewölbekeller stellt sich erneut die Frage: Wie alt ist wohl diese Tegernauer „Krone
"? Man ahnt, dass dieser wuchtige Gewölbekeller aus groben Natursteinen eine
Keimzelle des Dorfes Tegernau vor 900 Jahren gewesen sein könnte.

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