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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
76.2014, Heft 1.2014
Seite: 72
(PDF, 41 MB)
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meter waren notwendig, um die Pottasche zu Glas zu schmelzen. Für die Erzeugung
von einem Kilogramm Waldglas mussten zwischen 200-250 Kilogramm
Holz eingesetzt werden. Die Gesamtmenge setzt sich zusammen aus rund 100 Kilogramm
Holz für die Befeuerung der Öfen und 150 Kilogramm für die Herstellung
der dafür benötigten Pottasche.9) Kein Wunder, dass die Glasbläser bereits
schon nach wenigen Jahrzehnten ihre Hütten wieder abbrachen, um in noch ungenutzten
Waldgebieten ihr Handwerk auszuüben.

Unter Hinzuziehung zweier vergleichbarer Fundsituationen aus Haagen-Rötteln-
weiler10) und Bodelshausenn) (Tübingen) lassen sich nun bei Renovierungsarbeiten
im Wirtshausmuseum „Krone" in Tegernau erste Ergebnisse zusammenfassen. Im
Vorfeld wurden dazu - mit dem Schwerpunkt auf mittelalterliche und neuzeitliche
Glasprodukte - auch weitere der Form entsprechende Waldglas-Objekte wie Tränengläser
, Salb- und Parfümfläschchen wie z. B. aus der umfangreichen Sammlung
des Römisch-Germanischen Museums in Köln verglichen. Das sechs Zentimeter
lange, sehr dünnwandige Fläschchen aus auffallend hellgrünem, z. T. sogar
leicht türkisfarbenem Waldglas, ist - auf Grund seiner erkennbaren Einbettung -
hälftig an der ehemals freiliegenden Oberfläche (Abb. 3) teilweise stark irisierend,
also halbseitig „blind" (sog. „Abstehen"), während die eingebettete untere Hälfte
die für das Waldglas typische blasenreiche, leicht schlierige Glaszusammensetzung
besitzt (Abb. 2).

Auffällig ist eine mit der Glasbläserzange geformte ungleiche Lippe (wohl zum
tropfenweise Ausgießen des flüssigen Inhalts). Also kein Fläschchen mit aufgesetztem
„Glaskränzlein", wie sie ab dem 17. Jahrhundert üblich wurden und auch
durch Funde - z. B. aus Gersbach - belegt sind. Die von Kneusslin12) erwähnten
„Glaskränzlein" aus Gersbach waren die auf den Flaschenhals aufgesetzten ringförmigen
„Glaslippen".

Die Form und die Ausformung der Lippe (Abb. 4-6) lassen den Schluss zu, dass
es sich hierbei auch um eine Frühform, also um einen Vorläufer der späteren kleinen
Medizin- und Parfümfläschchen handelt, die dann allerdings eine viel stärkere Wandung
aufweisen. Nur mit den ringförmigen „Glaslippen" konnte man gut aus der
Flasche trinken oder flüssige Medizin genau dosieren. Sie waren aber auch hilfreich,
um die Flasche alternativ mit Wachs, Harz, Birken-Pech, Holzstopfen, Hanf, Leinen
oder Kork (ggfs. auch entsprechenden Kombinationen) zu verschließen.

Dies wiederum hat mit den technischen Neuerungen im Bereich der Glasherstellung
zu tun: ab dem 16. Jahrhundert verfügen die hiesigen Glasöfen nicht nur über
mehrere Arbeitsfenster, sondern auch im Ofen selbst können zeitgleich nun 6-8
Glashäfen (früher 1-2) auf Betriebstemperatur gehalten werden. So konnte man
mehr Glasmasse ansetzen und auch verarbeiten. Durch die Anhebung der Wandstärke
wurde das Glas für den Transport und den Gebrauch unempfindlicher. Die
höheren Produktionszahlen machten das Glas natürlich für den Käufer günstiger
und damit wurde der Erwerb für neue Käuferschichten attraktiver. Für die mittleren
und unteren Gesellschafts schichten waren bis dahin Glasobjekte sehr kostspielige
Luxusgüter und daher für die meisten unerschwinglich.

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