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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
76.2014, Heft 1.2014
Seite: 102
(PDF, 41 MB)
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die Umzüge. In Tegernau selbst ist aufgrund einer Ortssage die Narrengestalt der
Tegernau-Sallnecker „Nollehünd2) entstanden. In Gresgen existiert ebenfalls eine
Fastnachtsgesellschaft, die Umzüge zur „Buurefasnacht" veranstaltet und seit kurzem
gibt es in Wies die neue Narrengruppe der „Geißbergteufel".

Das Besondere und Verblüffende an der alten Tegernauer Fasnecht ist der Termin
. In Tegernau wurde, jedenfalls ist das bis in die Zeit vor dem 1. Weltkrieg eindeutig
überliefert, die katholische Maskenfastnacht zur Zeit der sogenannten
„Pfaffen- und Herrenfastnacht" - also vor dem Aschermittwoch - gepflegt! Am
Sonntag darauf, an der Buurefasnacht, wird auch das „Fasnechtsfüür" mit Scheibenschlagen
und seinen Sprüchen veranstaltet. Diese typische „Restfastnacht"
(ohne Maskentreiben!) der evangelisch gewordenen Gebiete besteht in Tegernau
ebenfalls traditionell. Das beigegebene Bild der „Schiibebuebe", die fast alle maskiert
sind, spricht eindeutig dafür, daß sich in Tegernau die Maskenfastnacht erhalten
hat und sie wohl auch schon immer mit dem Aschermittwoch, der vor der katholischen
Reform mitten in der mittelalterlichen Fastnacht lag, verknüpft war,
analog zur Entwicklung beispielsweise der historischen Elzacher Fastnacht. Warum
sich also in Tegernau Fastnachtsbräuche erhalten haben, darüber kann nur spekuliert
werden. Sind es noch katholische Bräuche, die sich in einem Refugialge-
biet zäh erhielten? Oder hängt es damit zusammen, dass der Tegernauer Nachbarort
Ried 1718 an das Kloster St. Blasien verkauft wurde und dort bis 1751 verblieb
.^ Die Tegernauer Pfarrer beklagen sich jedenfalls wiederholt über Sittenlo-
sigkeit und Tanzlust ihrer Schäflein4).

Die Tegernauer „Uscherete" am Abend des Fastnachtsdienstag wird ausgiebig
als typische Schnurrfastnacht gefeiert. Aus dem Besitz der Kronenwirtin Luise
Kallfaß ist eine Fotografie erhalten geblieben, die eine große Gruppe in Markgräf-
ler Tracht verkleidete Frauen („Alti Wiiber") im Krone-Saal zur Fastnacht zeigt,
vermutlich in den 1930er Jahren. Der Verfasser kannte Luise Kallfaß persönlich
und konnte ihre persönlichen Fotoalben einsehen, woraus er Kopien dieser Bilder
machen durfte. Das bislang älteste Bild der Tegernauer Fasnecht zeigt eine Maskengesellschaft
von 1913, vermutlich vor dem Gasthaus „Krone", und ist in Form
einer eigenen Postkarte erhalten geblieben. Die Karte ist verschickt worden, und
als Kommentar zum Fastnachtsbild wird erwähnt: „Und guck dir mal das Bild an.
Siehst du, so sehen die Leute auf dem Mond aus". Dieser Text enthält die doppelte
Fastnachtsparodie, da die Maskengesellschaft auf dem Foto natürlich sich sehr irdisch
darstellt. Man könnte sagen, die Kostümierung der Gesellschaft entspricht
dem „Zeitsujet" und stellt einen „Freundschaftsbesuch aus dem Osmanischen
Reich" dar. In der Mitte ein Mann mit einem Türkenhut, dahinter Immane und ein
Derwisch, rechts hinten ein Jude, auf der linken und rechten Seite Deutsche und
Preußenmilitär.

Wenn die „Uscherete" in Tegernau so ausgiebig begangen wurde, so müsste eigentlich
auch die närrische Zeit zuvor gefeiert worden sein. Vom ältesten Tegernauer
Verein, dem 1857 gegründeten Gesangverein, sind zwei handgemalte
Fasnachtsfahnen von 1926/ 27 (bezeichnet als „Gesang-Verein Fidelio Tegernau")

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