http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2014-01/0174
Strohdächer verschwanden erst kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Das Wirtschaftswunder
nach dem Krieg bewirkte dann zusehends eine weitere starke Veränderung
der ortsbildprägenden Bebauung. Viele alte Gebäude wurden aber auch liebevoll
renoviert und bilden heute reizvolle Blickwinkel in der waldreichen Gegend des
oberen Kandertales.
Ein paar geschmackvoll restaurierte Gebäude der heutigen Gemeinde Malsburg-
Marzell sollen an dieser Stelle vorgestellt werden und damit auch einen Eindruck
über die Lebensweise der jeweiligen Bewohner vermitteln. Beim ersten vorgestellten
Gebäude wenden wir uns der Ortschaft Marzell zu. Die Abbildungen 1 und 2
zeigen einen alten Hof auf dem sogenannten vorderen Buck in Marzell.
Das genaue Baujahr ist unbekannt, wird aber um 1670 vermutet. Laut Familienüberlieferung
soll es sich ursprünglich um einen großen Doppelhof gehandelt haben
, wobei die nördliche Seite einmal komplett abbrannte. Brandfälle gab es im
Lauf der Jahrhunderte viele, so ist auch der etwas weiter südlich stehende alte
Nachbarhof am 20. Mai 1853 bei einem Unwetter durch einen Blitzschlag eingeäschert
worden. Dabei verlor neben dem gesamten Vieh sogar ein Mensch sein Leben
. Besonders auffallend bei unserem gezeigten Haus ist die zum Glück noch erhaltene
rundbogige Haustüre, bei der sich die obere Hälfte extra öffnen und schließen
lässt. Sehr alte, noch gut erhaltene eiserne Scharniere zeigen uns die damalige
Schlossereikunst. Diese Haustüren waren ganz früher an dieser Art von Häusern
allgemein üblich, sind jedoch leider heute fast ausnahmslos verschwunden. Der
Gerichtsverwandte (heute mit einem Gemeinderat vergleichbar) Johannes Ruf
übergab am 5. August 1826 die Hälfte des Hofes mit sämtlichen Besitzungen wegen
Kinderlosigkeit auf Rentenbasis um den Wert von rund 1085 Gulden an einen
gewissen Friedrich Leisinger aus Wambach. Seither ist die Liegenschaft in Familienbesitz
. Im Januar 1843, nach dem Tod der Ehefrau, erfahren wir bei den Aufschreibungen
des Teilzettels genauere Einzelheiten. Das Haus „eine einstöckige
von Holz erbaute Behausung nebst Scheuer und Stallung unter einem Dach und
ungefähr 4 Ruthen Grasgarten4' wird mit 800 Gulden veranschlagt. Da das Feld
und der Wald zu jener Zeit mehr Wert hatten als das Wohngebäude, verwundert es
nicht, dass die gesamten Liegenschaften einen Wert von 4151 Gulden aufwiesen.
Drei Töchter wurden ausbezahlt, der Sohn erbte später den Besitz. Auch in der
nächsten Generation erbte jeweils der jüngste Sohn das Gebäude mit der Landwirtschaft
.
Ein weiteres interessantes Gebäude befindet sich im Ortsteil Edenbach, in Sichtweite
der Gemeindeverbindungsstraße von Malsburg nach Kaltenbach liegend. Es
handelt sich hierbei um einen Wohnplatz der Vogtsfamilie Meyer, die gewissermaßen
den Ortsteil Edenbach nach dem furchtbaren Krieg wieder begründete. Auf
dieser Anhöhe siedelten nämlich schon kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg als
erste bekannte Bewohner Nachfahren des bekannten Vogts Beat Meyer, der nach
dem langjährigen Amt des Stabhalters auch Vogt der gesamten Vogtei Vogelbach
von 1626 bis 1644 war. Das alte Stammhaus der Familie, das etwa 100 Meter weiter
nördlich des hier gezeigten alleine einsam am Waldrand stand, wurde um 1623
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