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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
77.2015, Heft 1.2015
Seite: 69
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zum Beispiel von 6-12 Uhr und von 13-18 Uhr, im Sommer von 5-12 Uhr und
von 13-17 Uhr, also ein Elf stundentag einschließlich der Samstage. Es gibt aus
anderen Quellen Berichte, die davon sprechen, dass teilweise die Arbeitszeit weit
über die 11 Stunden hinausging und auch Nachtarbeit umfasste.

Die Bezahlung der Kinderarbeit war gering; sie betrug ungefähr ein Fünftel bis
ein Siebtel des Erwachsenenlohnes.

Was es für die Mädchen und Jungen bedeutet haben mag, über zehn Stunden,
manchmal auch nachts, in den staubigen und überhitzten Räumen einer Baumwollfabrik
arbeiten zu müssen, kann aus den Beschreibungen ihres Gesundheitszustandes
erahnt werden:

„Die Füße der Kinder sind angeschwollen und das ganze Aussehen der Kinder
ist blass. Besonders die Mädchen sehen aufgedunsen und blutleer aus, ihre Menstruation
bleibt zu Zeiten aus, gar viele sind mit rheumatischen Leiden behaftet".

Ganz bedrückend ist die Aussage: „Die Sterberate war hoch".

Welche Schulausbildung hat der Staat für die Kinder vorgesehen?

Wie in allen Teilen Deutschlands wurden in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
auch in Baden sogenannte „ökonomische Schulen" gegründet, die ab 1798 „Industrieschulen
" hießen und unter dieser Bezeichnung auch in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts weitergeführt wurden. Neben den Elementarschulen zur Vermittlung
von Lesen und Schreiben waren die Industrieschulen zur praktischen Unterweisung
der Kinder bestimmt. Die Schulen entstanden, um arme Landeskinder durch
Handarbeit zu fleißigen, arbeitsamen und - im Sprachgebrauch der Zeit - zu „in-
dustriösen" Menschen zu erziehen. Inhaltlich waren die Industrieschulen, der zeitgenössischen
Wirtschaftsstruktur entsprechend, überwiegend auf das Erlernen tex-
tiler Techniken ausgerichtet.

Auf äußerst harten Widerstand stieß die Einrichtung von Industrieschulen in den
neugewonnenen südlichen Landesteilen Badens, wo sich die Kritik an den damit
verbundenen Kosten für die Gemeinden entzündete. Besonders geringes Verständnis
fand der Versuch zur Einrichtung von Industrieschulen im Schwarzwald, wo
sich die Gemeindevorstände offenbar gegen die Bemühungen des Staates richteten
, die arme Bevölkerung durch schulische Unterweisung und nutzbringende Arbeit
zu erziehen. Sie empfanden dies als Eingriff in die bestehende Ordnung.

Als die Kreisschulräte in Baden 1868 Gutachten über den Stand der Industrieschulen
im Land vorlegten, machten sie für die schlechten Leistungen in den Landgemeinden
, insbesondere in den abgelegenen Gebieten des Schwarzwaldes, den ungenügenden
Ausbildungsstand der Lehrerinnen und die geringe Zahl der Unterrichtsstunden
verantwortlich. Die Behörden wiesen darauf hin, dass die harte landwirtschaftliche
Arbeit, zu der Mädchen in den Dörfern angehalten wurden, keine guten
Voraussetzungen für den Umgang mit Strick- und Nähnadel im Unterricht bot. Die
Kinder haben durch die frühe schwere Arbeit steif und schwielig gewordene Hände.

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