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nastische Grablege geplant worden war. Von 1288 bis 1424 diente sie der Badischen
Hauptlinie als Familiengrablege. Die väterliche Tradition, sich eine eigene
private Grabkapelle einzurichten, führte auch Rudolfs Sohn Otto III. (1388-1451),
von 1410 bis 1434 Bischof von Konstanz, fort. Er suchte sich die südliche Nebenchorkapelle
des Konstanzer Münsters als exklusive Grablege aus und ließ sich dort
ein aufwendiges Denkmal errichten (Abb. 6).11
Meist bevorzugte man für den Anbau von Grabkapellen die östlichen Teile der
Kirche wegen deren Nähe zum Hauptaltar und der dort aufbewahrten heiligen Reliquien
. In Rötteln wurde die südöstliche Positionierung wohl auch durch die
Hanglage bestimmt (Abb. 5). An ihrem ausgewählten Platz ist die Grabkapelle, die
einst eine Firstbekrönung besaß, heute noch vom Tal aus gut zu sehen.12
Im Gestus sind Rudolfs und Annas bemalte Grabfiguren aus rotem heimischem
Buntsandstein betend dargestellt. Durch die geöffneten Augen und das Standmotiv
sind sie als lebendig gekennzeichnet, ihre Köpfe sind jedoch auf Kissen oder Turnierhelm
mit Zimier gebettet (Abb. 1). Dieser Figurentyp der lebendigen, aber
gleichsam liegenden Standfigur in Bethaltung ist von der ersten Hälfte des
13. Jahrhunderts bis in die Spätgotik durchgängig überliefert.13 Er ist besonders
am Oberrhein beliebt und bildet dort zu Beginn des 14. Jahrhunderts durch französische
Anregungen einen ganz eigenen Typ aus.14 Rudolfs gerüstete Figur trägt alle
Merkmale dieses Typs und steht somit ganz in der Tradition dieser Rittergrabsteine
, die in Deutschland nicht überall und nicht durchgängig verbreitet sind. Gerhard
Schmidt gibt an, dass „deutsche Ritterfiguren auf Grabplatten nur ungern die
Hände falten'' und dass bei den wenigen Beispielen mit gefalteten Händen französischer
Einfluss anzunehmen sei.15 Es lassen sich tatsächlich eine Reihe weiterer
Gesten ermitteln, die weltliche Aspekte stärker betonen, so haben die Ritter die
Hände meist an ihre Waffen gelegt.
Die Kleidung des Röttier Ehepaares ist sehr prunkvoll. Besonders Rudolfs voll
gerüstete Grabfigur besitzt durch das Wams mit weiten tütenförmigen Ärmeln, das
er unter dem Brustharnisch trägt, einen eigentümlich kostümartigen Charakter
(Abb. 1). Es ähnelt der burgundischen Houppelande, einem knielangen, in der
Taille gegürteten Rock mit Halb- oder Tütenärmeln (Abb. 7). In zeitgenössischen
Rechnungsbüchern ist sie von 1375 bis 1420 bezeugt16 und auch in der „Limburger
Chronik" des Tileman Elhen von Wolfhagen (1346-1402) aus den 1390er Jahren
ist zu lesen: ,^uch trugen die Ritter, Knechte und Bürger lange Schecken und
Scheckenröcke hinten und neben geschlitzt, mit großen, weiten Ärmeln."17 Die burgundische
Mode war also weithin verbreitet unter Rittern und Bürgern, wenngleich
sie am Oberrhein lediglich Rudolfs Grabfigur trägt. Alle Grabfiguren im
nahe gelegenen Basel weisen die traditionelle Eisenpanzerung ohne Stoffärmel
auf.18 Im mittelrheinischen Gebiet hingegen auf der Höhe von Mainz ist die Houppelande
Merkmal einer größeren Gruppe von 51 Rittergrabmälern, die zwischen
1390 und 1440 entstanden sind und deren Ansammlung sich deutlich in pfälzischem
Gebiet konzentriert. Dies bezeugt einerseits die Beliebtheit dieses Figurentyps
im königlich-pfälzischen Einflussgebiet, weist andererseits aber auch auf die
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