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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
77.2015, Heft 1.2015
Seite: 159
(PDF, 39 MB)
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nichts mit Überschätzung zu tun - : es ist das ein rein persönliches Verhältnis gewesen
, das sehr an Vater und Kind erinnert (...). (GA 18, S. 237 f.).

Erst 1929 finden wir in der Biographie Tucholskys wieder Basel-Hinweise: Am
3. März führt sein Weg von Paris nach Hamburg über Basel (GA 22, S. 44); am
6. Dezember des gleichen Jahres fährt er mit seiner Journalisten-Freundin Lisa
Matthias über Basel nach Lugano; dort bleibt er bis zum Januar. Dann reist Tucholsky
mit Lisa Matthias nach Schweden, wo er ab dem 22. Januar 1930 offiziell
in Hindas wohnt.

IV

Zwei Tage vor Weihnachten erscheint am 22. Dezember 1931 in der „Weltbühne
" Tucholskys Basel-Essay, dessen Entstehung in die Zeit der zunehmenden
(Landtags-) Wahlerfolge der NSDAP fällt; außerdem beschäftigt im November
und Dezember die Weltbühne-Redaktion immer wieder der Prozess des Reichsgerichts
in Lübeck gegen Ossietzky, der im Mai 1927 neuer Herausgeber der „Weltbühne
" wurde und nun wegen Verrats militärischer Geheimnisse zu eineinhalb
Jahren Gefängnis verurteilt wird.

Dieses Essay können wir heute nicht nur als biographisches Dokument lesen,
sondern auch als radikal pazifistisches Plädoyer gegen jede Art von Krieg. Die kritische
Auseinandersetzung mit dem Militarismus gehörte für Tucholsky zeitlebens
zu dessen wichtigsten politischen Anliegen. Deren Konkretisierung findet im Basel
-Essay seinen doppelten Ausdruck: einerseits durch die Beschreibung eines
englischen Cartoons, andererseits durch die Benennung des Badischen Bahnhofs
als Grenz-Ort zwischen Krieg und Frieden:

Basel

Das empfinde ich jedes Mal, wenn ich durch Basel komme, aber es hat noch keiner
geschrieben... keiner.

Der vollkommene Wahnwitz des Krieges muß doch jedem aufgegangen sein, der
da etwa im Jahre 1917 auf diesem Bahnhof gestanden hat. Da klirrten die Fensterscheiben
; da murrten die Kanonen des Krieges herüber; wenn du aber auf diesem
Bahnhof einem Beamten auf den Fuß tratest, dann kamst du ins Kittchen. Hier
durftest du nicht. Dort musstest du. Und wer dieses Murren der Kanonen hörte,
der wusste: da morden sie. Da schlagen sie sich tot. Ein halbes Stündchen weiter -
da tobte der Mord. Hier nicht. Das hat keiner geschrieben, merkwürdig.

Ich weiß ja nicht, wie sie das gemacht haben, daß die Kugeln der beiderseitigen
Vaterländer nicht auf schweizer Gebiet abgeirrt sind, und manchmal sind sie ja
wohl, und wenn ich nicht irre, hat es auch dadurch auf schweizer Seite einen Toten
gegeben oder zwei. Es steht da von dem großen englischen Grotesk-Zeichner W.
Heath Robinson in „Some Frightful War Pictures" ein grandioses Blatt: „Ein
schweizer Schäfer inmitten seiner Bähbäh-Schafe und raucht eine Friedenspfeife,

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