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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
77.2015, Heft 1.2015
Seite: 182
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2015-01/0184
Wie man gegen die jüdische Bevölkerung Müllheims vorgehen sollte, darüber
scheint es in der Nacht auf den 10. November Streit gegeben zu haben. In der Vernehmung
des von Hugo Zivi als Täter erwähnten Heinrich Hehl durch die Staatliche
Kriminalpolizei, Abteilung Freiburg, am 27. Januar 1947, berichtete Hehl von
einer erregten Auseinandersetzung, „worauf der Kreisleiter (Grüner, EB) äußerte,
man könne sich auf die Müllheimer nicht verlassen, sie seien Feiglinge." Wie Hehl
weiter aussagte, habe sich Grüner damals in dem Sinne geäußert, „dass wir daran
Schuld seien, denn gerade Müllheim sei die einzige Kreisstadt, in welcher die Synagoge
nicht vernichtet worden wäre." Zu ihrer Schändung und zur Schändung
des jüdischen Friedhofes kam es in Müllheim dann am folgenden Tage. Im Zuge
seiner Ermittlungen benannte der Gendarmerie-Kreisposten Müllheim am 12. 12.
1946 als Haupttäter außer Heinrich Hehl auch den früheren Kreisamtsleiter Otto
Karcher und den ehemaligen Kreisleiter von Müllheim Hugo Grüner.35)

„Diktatorisch und unduldsam"

Am 3. Oktober 1951 stellte das Badische Staatskommissariat für politische Säuberung
, Spruchkammer Freiburg, fest: „Bei dem betroffenen Hugo Grüner handelt
es sich um einen der krassesten Fälle, die die Spruchkammer je beschäftigt haben
." Im „politischen Reinigungsverfahren" kam die Kammer zu dem Ergebnis,
dass Grüner in die Gruppe der „Hauptschuldigen" einzureihen sei. Die Kammer
begründete ihr Urteil unter anderem mit seiner Beteiligung an den Novemberpogromen
in Müllheim und Sulzburg und bezog sich dabei auf „Strafakten beim
Landgericht Freiburg i. Breisgau".36) In Müllheim, wo damaligen Schätzungen zufolge
42 jüdische Familien lebten, befahl Grüner, einen „Judenschreck" durchzuführen
. Dazu zogen Angehörige des Kreisstabes, politische Leiter und sonstige
führende Mitglieder der NSDAP „durch die Straßen (...), bewarfen die jüdischen
Wohnungen und Geschäfte mit Steinen, wobei mehrfach Fensterscheiben zertrümmert
wurden, und der Kreisleiter gab mehrere Schüsse aus seiner Pistole ab", heißt
es in seiner Entnazifizierungsakte.

Die Aktion erreichte am anderen Morgen ihren Höhepunkt: „Am zeitigen Vormittag
fuhr der Kreisleiter in einem Kraftwagen mit einigen Parteifunktionären nach
Sulzburg, wo auf seine Veranlassung eine gleiche Aktion im Gange war, kehrte aber
bald wieder mit seinen Begleitern nach Müllheim zurück", um dort mit systematischen
Zerstörungen zu beginnen. Die Synagoge wurde aufgebrochen und in ihrem
Inneren alles zerstört, was irgendwie dazu geeignet schien. „Von einer Niederbrennung
der Synagoge wurde nur im Hinblick auf die für die Nachbarhäuser verbundene
Brandgefahr abgesehen. Im jüdischen Friedhof wurden schwere Grabsteine umgestürzt
. Der Kreisleiter zog mit einem Zerstörungstrupp durch die ganze Stadt. (...)
Am selben Tage wurden die männlichen Juden von Sulzburg zusammengetrieben
und abtransportiert. Die Juden von Müllheim wurden in das Gefängnis eingeliefert,
teilweise wieder entlassen, teilweise aber auch abtransportiert."37)

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