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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
77.2015, Heft 1.2015
Seite: 188
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2015-01/0190
„Bis zum letzten Blutstropfen'

Am 24. April 1945 besetzten französische Truppen Lörrach. Reinhard Boos, zu
dieser Zeit Bürgermeister der Stadt, schrieb 1968 seine Erinnerungen an die letzten
Kriegstage nieder. Schon wochenlang vor ihrer Besetzung hatte die Stadt unter
feindlichem Beschuss gelegen und vor allem in der Stadtmitte schwere Zerstörungen
erlitten. Boos erinnert sich an eine Besprechung am 21. April, an der Vertreter
der Wehrmacht, der Polizei, des Zollamtes, der Gestapo, des Volkssturms sowie er,
Boos, teilnahmen. Dabei habe Kreisleiter Grüner erklärt, dass er unter keinen Umständen
die Stadt kampflos räumen, vielmehr die Stadt bis zum letzten Blutstropfen
verteidigt werde! Er, Boos, habe dann dem Kreisleiter dargelegt, dass wohl nur
er selbst und der Kreisleiter zur Verteidigung übrig bleiben würden. Grüner habe
danach noch auf den 30 Mann starken Panzervernichtungstrupp der Kreisleitung
hingewiesen, wonach die Besprechung abgeschlossen worden sei.

Am 24. April morgens um halb acht Uhr ging bei der Kreisleitung die Mitteilung
ein, dass der Feind bei Friedlingen über den Rhein gekommen sei. Reinhard
Boos erinnert sich: „Kreisleiter Grüner will nach Efringen fahren, um dort einen
Einwohner, der an einer Panzersperre eine weisse Fahne gehisst haben soll, zu holen
und ihn in das Gefängnis in Lörrach zu bringen! Das war das letzte Mal, dass
ich den Kreisleiter gesehen habe. Um 9 Uhr war ich noch einmal auf der Kreisleitung
! Der Kreisleiter war aus Efringen noch nicht zurück, dagegen kam die telefonische
Mitteilung von der Polizeistelle Weil, dass der Feind im Anmarsch ist auf
diese Dienststelle und jeden Moment mit deren Besetzung zu rechnen ist. Der
Kreisleiter ist bestimmt nicht mehr nach Efringen durchgekommen (...)•"58)

Fast zwei Wochen dauerte es, bis Grüner am 6. Mai 1945 in der Nähe von Lörrach
von den französischen Streitkräften verhaftet und nach Thann (Elsass) gebracht
wurde, wo er, seinen Angaben zufolge, vom 5. Juni bis November 1940 vorübergehend
das Amt des Kreisleiters ausgeübt hatte. Von Thann wurde er ins Gefängnis
von Mulhouse gebracht.59)

In dem Verfahren von dem Militärtribunal in Strasbourg wurde Hugo Grüner des
vorsätzlichen Mordes an den vier Fliegern für schuldig befunden. Gleichzeitig
stellte das Tribunal fest, dass Grüner - entgegen seiner immer wieder angeführten
Darstellung - nicht auf Befehl von Übergeordneten, zum Beispiel Wagners, gehandelt
hatte.60) Doch anders als Gauleiter Robert Wagner, der am 14. August
1946 in Strasbourg, begleitet von drei seiner Gefolgsleute wegen ihrer Verbrechen
im Elsass von einem Erschießungskommando hingerichtet wurde, hatte Hugo
Grüner mit seinem Einspruch gegen das Todesurteil des Tribunals vor dem Court
of Appeal, dem Kassationsgericht, Erfolg. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass
der Fall Grüner nicht in die Zuständigkeit der existierenden französischen Gerichte
gehöre. Da es sich bei seinen Opfern um britische Soldaten handelte, „wurde
Grüner an die britische Staatsmacht übergeben, um vor einem britischen Militärtribunal
(...) zur Rechenschaft gezogen zu werden. Grüner gelang es jedoch, am
Abend vor der Eröffnung des Tribunals gegen ihn zu entfliehen."61) Er blieb ver-

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