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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
78.2016, Heft 1.2016
Seite: 22
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er auf friedlichem Weg erreichen. Den Aprilaufstand 1848 lehnte er ab, am Septemberaufstand
beteiligte er sich erst, nachdem ein Versuch des Gemeinderats, Gustav
Struve von seinem Unternehmen abzubringen, gescheitert war. Im Oktober 1848
wurde er auf Anordnung der großherzoglichen Regierung seines Amtes enthoben
und verhaftet. Auch das Votum einer Bürgerversammlung, die sich mit überwältigender
Mehrheit gegen einen Rücktritt ausgesprochen hatte, konnte an der Entscheidung
nichts ändern. Im Mai 1849 kehrte Wenner für kurze Zeit in sein Amt zurück.
Bereits im Februar 1849 war er an der Gründung des demokratischen Völksvereins
in Lörrach beteiligt gewesen. Während des dritten badischen Aufstands übernahm er
dann für einige Wochen das Amt des revolutionären Zivilkommissärs. Nach dem
Ende der Revolution wurde er wieder abgesetzt und zu einer langen Zuchthausstrafe
verurteilt. Doch in der Revisionsverhandlung vor dem Oberhofgericht Mannheim
gelang es ihm 1850, einen Freispruch zu erwirken."28 Dass Struve während seines
Aufstands das Lörracher Rathaus in Beschlag nahm, Bürgermeister und Gemeinderat
sich unterstellte und eine Dienstanweisung für sämtliche Bürgermeister herausgab
, dürfte dem selbstbewussten Wenner wenig gefallen haben. Zumal Struve, den
damaligen Machtverhältnissen folgend, das Amtshaus hätte besetzen und den Oberamtmann
Wilhelm Exter hätte verhaften lassen sollen.

Die gescheiterte Revolution 1848/49 war für den Kampf um Freiheit und Demokratie
ein herber Rückschlag, für die Selbstverwaltung in den Kommunen gab es
vorerst keine Weiterentwicklung. Allerdings war nicht alles umsonst, denn gewisse
Modernisierungsschübe waren schlicht und ergreifend notwendig, um mit der sozialen
und wirtschaftlichen Entwicklung Schritt zu halten. Wenner und der Stettener
Bürgermeister Ofenheusle, der Ende 1848 ebenfalls abgesetzt worden war, gehörten
zu den nicht untypischen Vertretern eines Liberalismus, der gewachsen war
aus dem Selbstverständnis „republikanischer" Gemeinden, die sich selbst verwalteten
und gegen die Bevormundung durch die großherzogliche Bürokratie kämpften
. Sie waren in dieser Hinsicht radikal, aber nicht mit dem Radikalismus und
den Zielen eines Struve vergleichbar. Dies sahen auch die Lörracher so, die ihn
nach Ende der Reaktionszeit und 1861 mit Beginn der liberalen Ära in Baden wieder
zum Bürgermeister wählten. 1862 erfolgte der Anschluss Lörrachs durch die
Wiesentalbahn ans Eisenbahnnetz. „Führender Kopf und treibende Kraft"29 dieser
Bahn war der Hirschenwirt und 48er-Revolutionär Markus Pflüger, der als Hauptmann
der Bürgerwehr Struve unterstützt hatte. Pflüger ist wohl die profilierteste
Lörracher politische Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts. Der Linksliberale war
von 1858 bis 1903 Lörracher Gemeinderat, dazu lange Jahre Landtags- und
Reichstagsabgeordneter. Seine 48er-Vergangenheit hat er nie geleugnet. Es spricht
durchaus für die Stadt, dass mit Pflüger und Wenner zwei Teilnehmer an der Revolution
später wieder politische Karriere machen konnten. Wenner war leider nur
eine kurze Zeit dafür vergönnt, denn nach knapp zwei Jahren verstarb er im Januar
1863 während seiner Arbeit im Rathaus. Er war nur 57 Jahre alt geworden. Der
Oberländer Bote schrieb über ihn: „Seine Vaterstadt und das Land haben einen
Edelstein an ihm verloren."30

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