Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
78.2016, Heft 1.2016
Seite: 28
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se für die Ortsbürger aus dem Vermögen der Gemeinde, spielte in Lörrach keine
Rolle. Einwohnergemeinde bedeutete nun, dass alle männlichen Gemeindeeinwohner
den Bürgerausschuss wählen durften, allerdings nach einem Dreiklassenwahlrecht
. Die Höchstbesteuerten, ein Sechstel der Wahlberechtigten, wählten ein
Drittel, die Mittelbesteuerten, zwei Sechstel der Wahlberechtigten, ein weiteres
Drittel, und die Niedrigbesteuerten, drei Sechstel der Wahlberechtigten, wählten
das letzte Drittel der Mitglieder des Bürgerausschusses. Dessen Mitglieder wurden
in Lörrach von 48 auf 72 erhöht. Der Bürgerausschuss wählte acht Gemeinderäte
und den Bürgermeister. Deren Amtszeit war auf neun Jahre verlängert worden. Die
neue Gemeindeordnung vergrößerte auch Zuständigkeiten und Kompetenzen der
Stadt. Zudem musste vom Bürgerausschuss nun ein Stellvertreter des Bürgermeisters
gewählt werden, es durfte nicht einfach mehr der dienstälteste Stadtrat sein.

Verändert hatte sich auch die Zusammensetzung der Wählerschaft. Insofern bedeutete
die neue Gemeindeordnung, dass Sozialdemokraten und Zentrum trotz
Dreiklassenwahlrecht auch in der Gemeindepolitik Fuß fassen und sich im
Bürgerausschuss etablieren konnten. Dies gilt vor allem für die Zeit nach der Jahrhundertwende
, 1904 war die SPD zweitstärkste Kraft im Bürgerausschuss. Genau
davor hatten Grether und die Freisinnigen auch Angst. Das war für ihn ein Grund,
die Städteordnung nicht vorzeitig einzuführen, „in Sonderheit in Gemeinden mit
vorwiegender Fabrikbevölkerung."41 Die Liberalität der Freisinnigen endete offenkundig
dort, wo die eigenen Interessen bedroht waren. In Lörrach war etabliert,
wer Besitz hatte, aus einer alten Familie stammte, lutherisch war und freisinnig
dachte. Der Freisinn verwaltete das Erbe der gescheiterten Revolution von
1848/49. Die Vormacht von Monarchie, Adel und Preußen wurde abgelehnt. Man
legte Wert auf Unabhängigkeit, stritt für Religions- und Meinungsfreiheit und setzte
sich für Volks Wohlfahrt und allgemeine Schulbildung ein, war aber nicht bereit,
politische Gleichheit zu akzeptieren. Beherrschende politische Kraft in Baden war
allerdings die Nationalliberale Partei, die auch im Umland den Ton angab.

Während für die Wahlen zur II. Badischen Kammer 1905 das allgemeine gleiche
Männerwahlrecht eingeführt wurde, blieb für die Kommunen das Dreiklassenwahlrecht
in Baden bis 1918 bestehen. Allerdings stimmte der Bürgerausschuss auch
1895 und 1905 unter den geänderten politischen Vorzeichen jeweils nahezu einstimmig
für Grether. Dieser war nicht nur Bürgermeister: Von 1875 - 1910 Mitglied
im Kreisrat, von 1890 -1910 Mitglied des Aufsichtsrates der Kreishypothekenbank
, 1895 - 1906 als Bürgermeister Vorsitzender des Verwaltungsrates der Städtischen
Sparkasse, Mitglied des Evangelischen Ortskirchenrates und Vorstandsmitglied
des Landwirtschaftlichen Bezirks Vereins. Auch für Lörrach hatte Grether Erfolge
aufzuweisen. Straßen und eine neue Wiesebrücke wurden gebaut. 1879 wurde
das neue städtische Krankenhaus eröffnet, 1888 das Wasserwerk in Betrieb genommen
, 1896 mit dem Bau einer Kanalisation begonnen. 1889 übernahm die Stadt das
Gaswerk und erweiterte es. Allerdings zögerte man bei der Versorgung mit Strom,
da man um das eigene Gaswerk fürchtete. Die Ansiedlungen von Suchard 1879,
Raymond 1897 und der Beginn von Kaltenbach 1890 schwächte die Abhängigkeit

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