Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
78.2016, Heft 1.2016
Seite: 36
(PDF, 39 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2016-01/0038
werden. Für Graser galt dies als Bürgermeister, Pfeffer war Kämmerer auf dem
Lörracher Rathaus.

Mitten im Inflationsjahr 1923 war, wie oben schon gesagt, eine 2. Bürgermeisterstelle
im Sinne eines Beigeordneten geschaffen worden. Der Bürgerausschuss
wählte dafür am 23. Mai 1923 den 36jährigen promovierten Juristen Dr. Heinrich
Graser aus Waldshut, der seit einem Jahr als Stadtrechtsrat für Lörrach tätig war.
Graser gehörte keiner Partei an und war ab 1919 für vier Jahre als Staatsanwalt am
Amtsgericht Lörrach tätig gewesen. Nur 51 der 87 Mitglieder des Bürgerausschusses
, die bürgerlichen Parteien, hatten für ihn gestimmt, die 17 Mitglieder der SPD
und die 15 der KPD hatten nicht an der Wahl teilgenommen. Schon bei seiner
Wahl zum Stadtrechtsrat hatte es aus diesem Lager 17 Gegenstimmen gegeben.
Graser war als Bürgermeister zuständig für Fürsorgewesen, Wohnungsbau, Gemeindegericht
und Polizei. Als nun Gugelmeier aufhörte, hätte die Stelle eines
Oberbürgermeisters neu ausgeschrieben werden müssen. Doch die bürgerliche
Mehrheit im Stadtrat wollte Graser ohne Neuwahl mit Ausschreibung als Stadtoberhaupt
einsetzen. Der Bürgerausschuss sollte daher folgendem Antrag zustimmen
: „Lörrach hat nur einen Bürgermeister."54 Damit wäre die 2. Bürgermeisterstelle
aufgehoben, das neue Stadtoberhaupt nur noch Bürger- statt Oberbürgermeister
und Graser automatisch Stelleninhaber. Am 27. Januar 1928 stimmte der
Bürgerausschuss diesem Antrag mit großer Mehrheit zu, nur die mittlerweile 21
kommunistischen Mitglieder hielten dagegen. Die nur noch 12 Sozialdemokraten
votierten diesmal für Graser. Die KPD hatte durch Walter Chemnitz für eine Neuwahl
mit Ausschreibung plädiert und „in scharfen Worten gegen die Anstellung
des Herrn Dr. Graser als Bürgermeister, da er in ihm auf Grund seiner Vorbildung
und der bisherigen Stellung keinen Vertreter der Interessen der Arbeiterschaft erblicken
könne", Stellung bezogen.55 Für Graser begann schon kurz nach seinem
Amtsantritt eine extrem schwierige Zeit. Ab Oktober 1929 nahm die Weltwirtschaftskrise
ihren verhängnisvollen Lauf. Die für Lörrach existentielle Textilindustrie
war aber schon seit 1927 in die Krise geraten.

„Wieder steht dem deutschen Volk ein Winter stärkster Not bevor. Fortdauernde
Arbeitslosigkeit wird bei vielen Familien für die kommenden Monate verschärfte
Not mit sich bringen. Die Stadtverwaltung wird alle erforderlichen Mittel zusammen
fassen, um den in Not befindlichen Bürgern zu helfen. Sie wird diese Aufgabe
bei den drückenden wirtschaftlichen Verhältnissen nur gerecht werden können,
wenn ihr auch in diesem Jahr private Hilfe zur Seite steht... Ich richte daher an alle
diejenigen, die noch das Glück und den Segen eines selbständigen Einkommens
genießen können, die herzliche Bitte, neben geldlicher Unterstützung durch Abgabe
von Lebensmitteln, Kleidungsstücken usw. dieses schöne Hilfswerk zu unterstützen
."56 Dieser Aufruf von Graser im Oktober 1931 gibt einen Einblick in die
Lage Lörrachs. Die Arbeitslosigkeit erwischte die Stadt mit voller Härte und sie
gehörte zu denen in Baden, die die höchsten Ausgaben für Wohlfahrtserwerbslose
zu tragen hatten. Die 1927 eingeführte Reichsarbeitslosenversicherung bezahlte
nur für die ersten 6 Monaten. 1932, auf dem Höhepunkt der Krise, hatte Lörrach

36


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2016-01/0038