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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
78.2016, Heft 1.2016
Seite: 91
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/: Von der Stube zur Gastwirtschaft

Die ersten bekannten Gastwirtschaften im südbadischen Raum (auch in der
Schweiz) werden im Volksmund als „Stube" bezeichnet2 und waren weit mehr als
nur ein Gasthaus im heutigen Verständnis. Gemeint ist hier meistens eine Gaststube
als Teil eines in der Regel in Gemeindebesitz befindlichen Hauses, in welchem
ein durch die Vogtei berufener Wirt im Nebenerwerb eine Schankwirtschaft betreibt
und gelegentlich auch kleine Speisen anbietet. Oftmals befand sich im Erd-
geschoss ein größerer Gastraum, während im ersten Obergeschoss ein kleineres
Ratszimmer untergebracht war.

Die Stube hier im südbadischen Raum hatte eine sehr zentrale Funktion für die
gesamte Gemeinde: ,J)ie Stube war zugleich Schauplatz für eine ganze Reihe anderer
wichtiger Ereignisse im Dorfleben, wie die Bewirtung wichtiger Gäste, die
Weinkäufe und Versteigerungen, weiterhin war sie Handelsplatz, Aufbewahrungsort
für Waffen und für Feuerschutzgerät. Nicht zuletzt diente der große Saal im
Obergeschoß der Stube als dörflicher Festsaal schlechthin, allem voran für Hochzeitsfeste
" (Cordes 1992, S. 116).3

Wer Wirt einer „Gemeindestube" sein durfte, wurde durch eine öffentliche Versteigerung
geregelt: „Den Zuschlag erhielt der Bewerber, der in dem Moment,
wenn eine vor dem Auktionator stehende Kerze verlosch, das höchste Gebot abgegeben
hatte" (Cordes 1992: S. 132). Die Stuben hatten für die Gemeinden eine
Verwaltungsfunktion4, der Stubenwirt war wie ein Verwaltungsangestellter, der
durch die Pachtverträge verpflichtet war, „für die Gemeinderatssitzungen einen
Raum bereitzustellen und auf eigene Kosten zu beheizen" (Cordes 1992, S. 132).5

Der „Stube" kamen somit also drei wesentliche Funktionen zu: eine politische,
eine juristische und eine soziale Funktion. So darf wohl auch für den südbadischen
Raum geltend gemacht werden, was Fuchs für die Gastwirtschaften im Saarland
schreibt: ,J)ie Wirtshäuser waren „newsrooms", Informationsbörsen und Nachrichtendrehscheiben
par excellence: Umschlagplätze von Neuigkeiten, Informationen
und Gerüchten aller Art, die durch die Gäste kreuz und quer in der Stadt herumgetragen
wurden und sich mit erheblicher Geschwindigkeit unter allen Bevölkerungsgruppen
verbreiteten" (Fuchs 2012, S. 274).

Über die einzelnen angesprochenen Aspekte gibt es keine exakten Belege für die
„Stube" in Lörrach, aber es ist davon auszugehen, dass auch die Lörracher „Stube"
als Ratsstube und Gerichtsstube diente: ,JDie Gemeindepolitik wurde in der „Stube
'' betrieben, wie es in allen Dörfern üblich war" (Lutz 1976, S. 32).

Neben der „Stube" entstanden ab Ende des 17. Jahrhunderts und vermehrt mit
Beginn des 18. Jahrhunderts die ersten Real-Gasthäuser mit Schildrecht6. Dies hatte
verschiedene Ursachen: zum einen die wachsende Zahl an Einwohnern, zum
zweiten aber auch die Zerstörung der Burg Rötteln und die damit einhergehende
Verlagerung der Verwaltung von Rötteln in den Marktflecken Lörrach7 ab 1678.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die wachsende Anzahl an Gast- oder Realwirtschaften
war der zunehmende Konflikt der Basler Stadtbevölkerung mit den Ein-

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