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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
78.2016, Heft 1.2016
Seite: 119
(PDF, 39 MB)
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für seine Kunst als zwingend ansah und seine Kunst nicht oder doch nur in sehr
geringem Maße stilistischen Veränderungen oder gar Stilbrüchen unterwarf.

Dabei soll uns das Phänomen der Entfremdung interessieren, weil dieses sich
mehr oder weniger mit der Person eines jeden Künstlers der letzten 200 Jahre in
Verbindung bringen lässt.

Wenn hier von Entfremdung die Rede sein soll, dann nicht im Sinne von Marx,
der diesen Begriff einführte und darunter die Unfähigkeit des Menschen des Industriezeitalters
verstand, aufgrund der ihn einengenden Produktionsverhältnisse
Befriedigung und Sinn in seiner Arbeit zu finden.

Denn ganz im Gegensatz dazu befindet sich der Künstler in einer Ausnahmestellung
, weil er in aller Regel in Selbstbestimmung vor seiner Staffelei steht und gerade
durch sein Schaffen Sinn und Erfüllung erfährt.

Und dennoch hat die Thematisierung der an seiner eigenen Person erlebten Entfremdung
beim bildenden Künstler seit dem 19. Jahrhundert Tradition.

C. D. Friedrichs Bild „Mönch am Meer" oder van Goghs Gemälde mit dem
„Stuhl und der zurückgelassenen Pfeife" sind solche Bildzeugnisse für die Erfahrung
grenzenloser Einsamkeit, die das Selbstgefühl eines Künstlers bestimmt.

Mit diesen Beispielen wird angedeutet, dass Entfremdung andere fundamentale
sozio-psychologische Variablen miteinschließt außer der von Marx definierten.

Das können ein mangelndes Zugehörigkeitsgefühl sein oder die Unfähigkeit,
Verständnis für das eigene Werk zu wecken.

Entfremdung kann erlebt werden als ein Gefühl der Machtlosigkeit, das eigene
Schicksal oder das der Welt beeinflussen zu können und dem damit einhergehenden
Gefühl der Sinnlosigkeit eigenen Tuns. Als Entfremdung kann schließlich
auch die Erfahrung empfunden werden, gesteckte Ziele nur dann zu erreichen,
wenn gegen allgemeine Normen verstoßen wird.

Sein Blick auf einige Etappen der Sozialgeschichte der Bildenden Kunst zeigt,
dass sich im Mittelalter Künstler nicht entfremdet fühlten, da sie sich als Mitglieder
von Zünften, Gilden und Bauhütten als Teil der Gesellschaft eingebettet sahen.

In der Neuzeit war es das Mäzenatentum, auf dessen Grundlage der Künstler gesellschaftliche
Einbindung und Unterstützung erfuhr.

Die Entfremdung des Künstlers gab es erst seit der Französischen Revolution,
als er aus der sozialen und materiellen Absicherung entlassen wurde.

In der Folge geriet der Künstler in die neue Abhängigkeit der Mittelschicht.
Doch ihre bürgerlichen Wertvorstellungen und Lebensformen unterschieden sich
radikal von jenen des Künstlers. Das Lebenskonzept des bürgerlichen Realisten
stand im Widerspruch zu seinem philosophischen Idealismus.

Und weil der Künstler in aller Regel in seinem Werk die Widerspiegelung seiner
ideellen, kreativen Bemühungen sah, empfand er darüber hinaus Kritik und Ablehnung
stets als unmittelbaren Angriff auf seine Person.

Nun ist zu beobachten, dass der Künstler darauf mit einer ideologischen Alternative
reagierte, die ihm die erforderlichen Werte, Überzeugungen, Argumente und
Defensivmechanismen zur Verfügung stellte.

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